LANDKREIS (nb). Kampfansage an das pädagogische Konzept integrierte Gesamtschule: "Die Eltern wurden von der Landesregierung hinters Licht geführt". Elternvertreter Burkhard Witte fand klare Worte zur Beschreibung der Gesamtschul-Politik aus Hannover und drückt damit stellvertretend die Meinung vieler anderer Eltern aus dem Landkreis aus. Der Boykott der verpflichtenden Ganztagsbeschulung steht dabei im Fokus. Vertreter der bestehenden und künftigen Gesamtschulen und der Initiative nutzten den Anlass der Unterschriftenübergabe im Kreishaus ihre Meinung öffentlich zu machen. Den Vorschlag des Ministeriums, zusätzlichen Unterricht auch über zusätzliche Honorarkräfte zu leisten, hält Witte für finanziell nicht durchführbar. In Niedersachsen sei man nicht bereit eine gute Unterrichtsversorgung zu schaffen. Es sei unverständlich, wieso Einsparungen gerade in der Schulpolitik vorgenommen würden, wo doch Missmanagement in der Wirtschaft von Land und Bund gefördert würde. Die jüngsten Pläne der Schulzeitverkürzung für Abituranwärter sah Witte ebenfalls im Lichte eines erneuten Einsparungspotentials durch den Wegfall des 13. Jahrgangs. Erik Sondermann, Lehrer der zukünftigen IGS Helpsen, wünschte sich mehr Unterstützung und die Anerkennung der erbrachten Leistungen engagierter Pädagogen. Jan-Philip Beck, selbst Oberstufen-Schüler der IGS Schaumburg, sprach sich aus eigener Erfahrung für den verpflichtenden Ganztagsunterricht aus. An seiner Schule funktioniere das pädagogische Konzept auch in der Praxis gut, was ausschließlich durch die erweiterte Stundenanzahl und Förderung des einzelnen Schülers erreicht werden könne. Er plädierte für die Chancengleichheit aller Gesamtschüler. "Jetzt wird wohl die letzte Keule rausgeholt", so die Vermutung des Kreiselternratsvorsitzenden Bernd Wolf, "Zug um Zug präsentieren Wulff und das Kultusministerium Maßnahmen um den neueingerichteten IGS zu schaden und den Zulauf so zu verhindern". Es ginge nur um die Abschaffung dieser von der CDU ungeliebten Schulform.
Landtagsabgeordneter Karsten Heineking teilte diese Ansichten nicht. Der Bildungsbereich sei, im Hinblick auf die aktuelle Defizitlage, relativ glimpflich davon gekommen und die Lehrerversorgung recht gut, wenn auch noch verbesserungsfähig. Eine Aussage, die bei den Anwesenden Initiativen-Beteiligten ungläubiges Staunen hervorrief. Heineking räumte jedoch unverhohlen ein, dass die CDU kein Freund des IGS-Konzeptes sei. "Wir wollen das gegliederte Schulsystem in Niedersachsen stärken und haben kein Interesse Gesamtschulen flächendeckend einzurichten." Eine Sechs- bis Achtzügigkeit sei seiner Meinung nach als Voraussetzung durchaus denkbar, da eine eingerichtete IGS auch auf Dauer arbeiten solle. Zu kleineren Klassen werde man automatisch durch den Schülerrückgang kommen. "Schaumburg ist nicht Niedersachsen" merkte Kreistagsabgeordneter Gunther Feuerbach an. Im Kultusministerium würden die Schaumburger bereits als "Speerspitze" der Gesamtschulbewegung betrachtet. Dabei machten die Befürworter nur einen Teil der öffentlichen Meinung aus. 550 Gesamtschulplätze stünden 1200 Plätzen im gegliederten Schulwesen gegenüber. Der Landkreis sei als einer der wenigen in der Lage, Auflagen wie die Fünfzügigkeit zu erfüllen und bildet in ganz Niedersachsen eine Ausnahme. Feuerbach nannte es die "Schaumburger Lösung". Es gelte zu entscheiden ob man das Vorhaben ideologisch oder sachlich angehe. "Die Praktikabilität steht im Vordergrund." Feuerbach sicherte auch weiterhin die Unterstützung des Landkreises zur Einführung der IGS zu.
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