STADTHAGEN (ih). Rückbau. Das ist das Fazit des Kreisbehindetenrates für den neuen Service-Bereiches des Finanzamtes. Konnten vorher Menschen mit Behinderung durch ein großes Portal per Fernbedienung in das Finanzamt gelangen, stehen sie jetzt zunächst vor verschlossener Tür. Eine nachträglich installierte Klingel vor der Tür zum neuen Service-Bereich bringt nur mäßigen Erfolg. Denn ist der Finanzbeamte an der Theke am Telefon oder befindet sich im Gespräch, kann das Türöffnen einige Minuten dauern.
Manfred Pollmann, Vorsitzender des Kreisbehindertenrates, hatte sich gemeinsam mit Gudrun Bokeloh und Matthias Gläser vor dem Stadthäger Schloss getroffen. Sie wollten niemandem einen "Schwarzen Peter" zuschieben, so Pollmann. Doch vor den Umbauarbeiten sei der barrierefreie Zugang des Finanzamtes mustergültig gewesen. Die Neugestaltung liege ein grundsätzlich neuer Servicegedanke zugrunde, sagte Jürgen Siegmann, Leiter des Finanzamtes Stadthagen. Zentralisiert bietet das Amt einen Anlaufpunkt für alle Anliegen. Ob Formular, Auskunft oder Fragen zur Steuererklärung - im Gewölbe werden die Menschen beraten. Durch mannshohe Trennwände geschützt gibt es mehrere Serviceplätze, an denen die einfachen Anliegen besprochen werden. Zwei Separees gewähren bei zeitintensiven Beratungen oder schwierigen Sachverhalten etwas mehr Schutz. Datenschutz und Datensicherheit seien zudem der Hauptgrund für die Zentralisierung im Finanzamt. So sei der zuvor täglich Personenstrom im Amt eingegrenzt.
Dass die Eingangstür ohne Fernbedienung installiert wurde, kann Siegmann nicht erklären. Die Planungen habe das staatliche Baumanagement in den Händen gehalten. Von den Plänen über die Durchführung bis hin zu den finanziellen Mitteln hatten die Stadthäger nur ein Mitspracherecht. Die Entscheidungen habe ausschließlich das staatliche Baumanagement gehfällt. Neben der Zugangssituation kritisierte der Kreisbehindertenrat die Toilettensituation. Hatten Rollstuhlfahrer und Gehbehinderte zuvor uneingeschränkten Zugang zu einer mustergültigen Behindertentoilette, müssen sie nun einen weiten Weg inklusive Begleitung in Kauf nehmen. Mit einem Schlüssel öffnet ein Finanzbeamter die große Foyertür, dann die Tür zum WC. "Barrierefreiheit bedeutet, dass jeder Mensch die Dinge des Alltags ohne fremde Hilfe erledigen kann," sagte Pollmann. Der Kreisbehindetenrat sieht es als seine Aufgabe an, die Sicht der Behindeten nicht nur auf politische Ebene einzubringen. Wie beim Besuch des Finanzamtes wollen sie aufmerksam machen und wenn nötig auch Schützenhilfe leisten. Foto: ih