1. Diese Liste ist erschreckend lang

    Basta-Mitarbeiterinnen geben Jahresbericht vor Jugendhilfeausschuss / Keine Zeit für Präventionen / Rund 50 Stunden fehlen

    Dieser Eintrag wird bereitgestellt durch Schaumburger Wochenblatt | Impressum

    LANDKREIS (ih). Einen dringenden Appell ließen Ingetraud Wehking und Birgit Baron vor dem Jugendhilfeausschuss des Landkreises los. "Wir sind am Ende unserer Kapazitäten", sagten die Basta-Frauen. Jeweils mit einer halben Stelle versuchen die beiden Frauen die große Nachfrage der Mädchen- und Frauenberatungsstelle aufzufangen. Es gäbe weit mehr Anfragen, als sie bewältigen können.

    Die Brisanz der Fälle erfordere ein zeitnahes Handeln. Meistens dreht es sich um zum Teil sexualisierte Gewalt in der Familie, Missbrauch oder psychische Probleme, die zu Essstörungen oder Depressionen führten. "Das ist uns in den letzten Monaten nicht mehr gelungen," so Baron und Wehking.

    Die Wartezeit für ein Gespräch belaufe sich derzeit auf drei bis vier Wochen. In den vergangenen fünf Jahren sind die Personalstellen von 2,35 (2002) auf 1,21 (2007) gesunken.

    Die persönlichen und telefonischen Kontakte pro Personalstelle hingegen massiv angestiegen. 438 Kontakte listet Basta für 2002 auf. Fünf Jahre später hat sich die Zahl mehr als verdoppelt. 1083 Kontakte schlagen dabei zu Buche. Insgesamt haben die Baron und Wehking rund 1300 Beratungen pro Jahr.

    Basta hat sich dabei fachlich als spezialisierte Stelle für den Bereich (sexueller) Gewalt etabliert. Zudem ist das Büro im Frauenzentrum Stadthagen offen für Mädchen und Frauen in Krisensituationen. In ihrem Jahresbericht vor dem Jugendhilfeausschuss gaben sie einen anonymisierten Auszug aus dem Beratungskalender. Diesen nahmen die Mitglieder des Ausschusses schweigend zur Kenntnis und zeigten sich im Anschluss schockiert. Denn im Frühjahr summierten sich 26 Fälle in nur 14 Tagen.

    Dabei hält ein Mann seine Familie hinter heruntergelassenen Jalousien fest. Ein Mädchen wird durch ihren Bruder missbraucht und entwickelt in der Folge Essstörungen.

    Ein 9-jähriges Mädchen sieht die Gewalt an der Mutter durch den Ehemann. Eine 40-jährige Mutter wird durch Basta begleitet und arbeitet den sexuellen Missbrauch in ihrer Kindheit durch den Stiefvater auf.

    Eine Frau mit geistiger Behinderung wird durch zwei verschiedene Männer aus ihrem Nahbereich vergewaltigt. Die Liste ist erschreckend lang. Die Beratungssuchenden kommen aus dem gesamten Landkreis nach Stadthagen. Die Basta-Mitarbeiterinnen werden aber auch gerufen. Von Erzieherinnen in Kindergärten, wenn ein Verdacht entsteht. Oder zu Prävention von Gewalt in Familien und sexuellem Missbrauch.

    "Für diesen Bereich haben wir kaum noch Zeit, dabei wäre er so wichtig," so Wehking. Frau Dr. Schüller lud die beiden Frauen spontan ein, an einer der nächsten Treffen der Kinderärzte in Schaumburg teilzunehmen.

    Dort hätten sie die Möglichkeit, viele mit Kindern Arbeitende zu sensibilisieren und gleichzeitig zu Multiplikatoren zu machen. Christopfer Wuttke (CDU) fragte nach konkreten Zahlen, die den Basta-Mitarbeiterinnen ihre Arbeit erleichten könnten. Die Schwelle zu Basta zu kommen, sei hoch. Eine Wartezeit sei nicht sinnvoll. Die Arbeit sei absolut unterstützenswert. "Was genau stellen sie sich vor? Sie sind die Profis."

    Um allen Anfragen gerecht zu werden und Zeit für Präventionsprojekte haben, sei ein zusätzliches Volumen von einer Vollzeit notwendig. 20 Stunden in der Beratung fehlten derzeit, 15 Stunden für Prävention, 10 Stunden für Öffentlichkeitsarbeit und Vernetzung sowie einige für Büroarbeiten. Diese müssten durch qualifizierte Fachkräfte abgedeckt werden.

    Ob der Appell bis in die Haushaltberatungen des Landkreises und der Kommunen durchdringt, bleibt abzuwarten. Foto: ih

  2. Kommentare

    Bitte melden Sie sich an