LANDKREIS (ih). Eine historische Entscheidung ist am vergangenen Dienstag gefallen. Der Kreistag stimmte dem Neubau eines Gesamtklinikums Schaumburg mit großer Mehrheit zu. Damit startet in zwei Wochen eine Managementgesellschaft unter Beteiligung des Landkreises, der Stiftung Bethel und ProDiako zur Vorbereitung des Mammutprojektes. In fünf Jahren sollen die drei Schaumburger Krankenhäuser auf der grünen Wiese in einen Neubau gehen. Eine Versorgungsstufe höher, aber rund ein Drittel der Betten weniger hat das neue Gesamtklinikum. Drei Kreistagsabgeordnete sprachen sich gegen die von der Verwaltung empfohlene Variante aus, einer enthielt sich.
Rund 70 Zuhörer, darunter Mitarbeiter der Kreiskrankenhäuser Stadthagen und Rinteln, hatten sich zur finalen Entscheidung in der Krankenhaus-Frage eingefunden. Die Personalvertreter hatten versucht, für die rund 850 Mitarbeiter eine Personalsicherungsvereinbarung zu erkämpfen. Mit der Neustrukturierung der Krankenhäuser stehen 100 Vollzeitstellen auf dem Spiel (wir berichteten). Nur noch leise war der Protest der Kollegen, ein Schild mit einem schwarzen Loch auf der grünen Wiese in Wort und Bild machte die Sorge deutlich. Labor, Röntgen und Steri verschwanden im schwarzen Strudel inmitten kräftigen Grüns. Outsourcing und Abbau in den patientenfernen Berufen sind erste Schritte zur Kosteneinsparung. Und die beläuft sich in der Übergangsphase bis 2013 auf 20 Millionen Euro.
Nach der Sitzung zeigten sich die Personalräte enttäuscht. Dass sich etwas ändern müsse, sei ihnen schon lange bewusst. Doch auf die Vorschläge und Konzepte sei die Verwaltung vor Jahren nicht eingegangen. Heute fühlen sich die Mitarbeiter verlassen. Vor allem die Ansprache der SPD an die Mitarbeiter vermissen sie sehr.
So ging der SPD-Fraktion einen Tag vor der Kreistagssitzung ein Brief von Bernd Fiedler (verdi) zu. In diesem tat er seine große Sorge kund. Er sah "das berufliche und unter Umständen auch das gesellschaftliche "Aus"" der Kollegen. Er forderte von den Genossen, dass sie Sorge tragen sollten dafür, dass der Gesamtpersonalrat und die Belegschaft in den weiteren Prozess mit eingebunden würden. "Eingebunden bedeutet, auf Augenhöhe kommunizieren und verhandeln."
Nach den Vorstellungen der Wirtschaftsprüfer der beiden Varianten und einem flammenden Plädoyer des Landrates für den Neubau sprachen sich fast alle Fraktionen und Gruppen des Kriestages für das "Gesamtklinikum Schaumburg" aus.
"Einer wird Nein sagen", eröffnete jedoch Heinrich Sasse (WGS) seinen "Misston im Konzert der Zustimmung". Der Klinik-Neubau sei ein weiteres Projekt mit Leuchtturmqualität, wie die "Weserrenaissance". Bekanntlich erlitten die Betreiber damit mächtig Schiffbruch. Er teile die Meinung nicht, dass mit dem Neubau alles gut werde. Das gegenteilige Beispiel könne sich Schaumburg direkt vor der Haustür ansehen. Das Klinikum in Minden sei bei weitem nicht so geworden, wie vorgesehen. Das "Nachäffen" im Schaumburger Land werde den Steuerzahler einmal mehr eine Menge Geld kosten. Doch die Politiker seien mit dem "Narkosemittel der öffentlichen Förderung" ruhiggestellt. Diese und andere verbale Knuffe blieben nicht ohne Reaktionen. "Hören Sie doch auf”, forderte Christopher Wuttke (CDU) mit einem deutliche Fingerzeig in Richtung Stirn. Hatte Gunter Feuerbach (CDU) sich noch den Stuhl etwas bequemer hingestellt und ein Nickerchen angeregt, machte der Fraktionssprecher kurze Zeit später den Vorsitzenden auf die fortgeschrittene Redezeit Sasses aufmerksam. In den Reihen der SPD bat man darum, das ständige Wiederholen zu lassen.
Trotz aller Anfeindungen war Sasse am Ende seiner Rede der einzige Politiker, der von den Zuhörern Applaus bekam. Denn obwohl er seinen Beitrag nicht besonders geschickt präsentierte, traf er den wunden Punkt, als er von der Entmenschlichung des Systems sprach. Die Mitarbeiter seien es, die die Konsequenzen der Entscheidung tragen müssten. Foto: ih