1. "Jedes Grundrecht hat auch Grenzen"

    Schüler diskutieren mit Edathy über Datenspeicherung und Online-Durchsuchung

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    STADTHAGEN (mk). Der Wahlpflichtkurs Politik des neunten Jahrgangs des Wilhelm-Busch-Gymnasiums beteiligt sich gemeinsam mit seiner Lehrerin Gerda Besier an einem Bundeswettbewerb für Schulen. Das Thema durften die Schüler selber wählen und so sind sie dabei einen Text zum derzeit mehr als aktuellen Thema "Bürgerrechte und Sicherheit" auszuarbeiten. Aus diesem Grund hatten sie den heimischen SPD Bundestagsabgeordneten und Vorsitzenden des Innenausschusses im Bundestag, Sebastian Edathy, zu einer Diskussions- und Fragerunde eingeladen. "Sie haben sich da ein spannendes Thema ausgesucht", machte er dann auch gleich zu Beginn der Veranstaltung deutlich. Die von den Schülern verfassten Texte habe er allesamt sehr interessant gefunden. Sie würden auf wichtige Bürgerrechte wie das Postgeheimnis, die Meinungsfreiheit und den Schutz des privaten Raumes hinweisen. Aber, so Edathy, "jedes Grundrecht hat auch Grenzen." So würde eine eindeutige Beleidigung nicht mehr unter das Recht auf freie Meinungsäußerung fallen. Daher dürfe und müsse der Staat in bestimmten Fällen eingreifen. Und in diese Richtung würden die Vorratsdatenspeicherung sowie die Online-Durchsuchung zielen. Allerdings dürfen die Eingriffe in die Grundrechte grundsätzlich nur mit richterlicher Genehmigung und bei gegebener Verhältnismäßigkeit erfolgen. Die Frage von WPK-Schüler Niklas, ob er die Online-Durchsuchung immer noch befürworten würde, wenn er selber betroffen wäre, beantwortete der Abgeordnete mit einem klaren Ja. Er gehe davon aus, dass in einem derartigen Fall auch ein begründeter Verdacht und eben eine richterliche Genehmigung vorliege. Auf die Frage von Johannes, was er an der Datenspeicherung befürworte, antwortete Edathy, dass es nur darum gehe, Verbindungsdaten zu speichern und keine Inhalte.

    Sebastian Edathy diskutiert mit den Schülern über Grundrechte und wie weit man in diese eingreifen darf.

    Die Daten würden zudem bei den Unternehmen bleiben, die schon jetzt Rechnungsdaten, etc. für mögliche Regressfälle speichern würden. Der Staat käme nur mit richterlichem Beschluss an diese Daten. "Ich halte das für verhältnismäßig und für vertretbar." Kriminelle, so Edathy, nutzen und missbrauchen neue Technologien. Das habe mit dem Auto begonnen und setze sich heute mit dem Internet fort. Nun gehe es darum, geeignete Mittel zu finden, um auch hier eingreifen zu können, wenn es um Gefahrenabwehr geht. "Die Bedeutung der Online-Durchsuchungen wird in der Bevölkerung völlig überbewertet." Experten gingen davon aus, dass es vielleicht zehn bis 15 Fälle pro Jahr geben könnte. Schon jetzt gebe es die Möglichkeit der Hausdurchsuchung und der Beschlagnahmung von Computern. Doch dann seien beispielsweise bei Gruppen-Aktivitäten andere Mitglieder gewarnt. Es gehe bei jedem Fall immer um die Frage, ob der Schutz der Privatsphäre wichtiger ist, als eine mögliche Gefahr für die Bevölkerung. Jonas wollte wissen, ob es möglich sei, Genehmigungen für Online-Durchsuchungen nachzuholen? "Ja, doch das ist nicht optimal", räumte Edathy ein. Er hoffe, dass es im Zuge eines Vermittlungsverfahrens zu einer Herausnahme der so genannten Eilverfahren komme. Bei der geringen Zahl an zu erwartenden Fällen sei dies nicht nötig und stelle zudem einen weitreichenden Eingriff in die Grundrechte dar.

    Eine weitere Frage drehte sich um die Sicherheit der Daten. Datenschutz, betonte Edathy, sei wichtig, die jüngsten Fälle, beispielsweise bei der Telekom, seien nicht in Ordnung und es sei sehr fahrlässig gehandelt worden. Doch dies beweise nur, dass man das System noch sicherer machen muss. Er plädiere dafür, dass Unternehmen Pannen sofort öffentlich machen müssen. Abschließend betonte er, dass man Gesetzesverstöße leider nicht immer verhindern kann. Die Jugendlichen zeigten während der Diskussion nichts von der viel zitierten Politikverdrossenheit, sondern waren teilweise sogar besser über die Parteienlandschaft in Deutschland informiert, als der Vorsitzende des Innenausschusses selbst. Der musste zugeben, noch nie etwas von der Piraten-Partei gehört zu haben, die sich unter anderem für einen besseren Datenschutz einsetzt. Foto: mk

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