LANDKREIS (ih). Der neue Kollege im Klinikum Schaumburg heißt Angst. Für rund 850 Beschäftige geht es um die berufliche Zukunft. Das Klinikum Schaumburg gibt es ab Januar in der heutigen Form nicht mehr. In drei Wochen entscheidet der Kreistag über Verkauf an private Betreiber oder Neubau mit Kreisbeteiligung. In einem Gespräch mit dem Schaumburger Wochenblatt beschrieben die Arbeitnehmervertreter und die Gewerkschaft verdi die derzeitige Stimmung, stellten Forderungen und blickten selbstkritisch auf die eigene Arbeit.
Ob in der Küche oder der Verwaltung, auf Station oder im OP - im Klinikum Schaumburg gibt es nur ein Thema. Die Krankenhäuser sollen verkauft oder zusammengelegt werden, Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel. Immer neue Informationen sickern zur Belegschaft durch. Für oder gegen eine der beiden Varianten wollen sich die Arbeitnehmer nicht aussprechen. Mit einem Abbau von 100 Stellen müssen sie rechnen. Angela Schultjahn, verdi Stadthagen, und Gabi Walz, Gesamtpersonalvorstand, machen klar, dass hinter 100 Vollzeitstellen rund 180 Menschen stehen. Siegfried Knitter, verdi-Vertrauensmann in Rinteln, befürchtet einen "massiven Arbeitsplatzabbau".
Käme die Variante Neubau auf der grünen Wiese zum Zuge, seien zudem nicht nur die Kreiskrankenhäuser betroffen, sondern auch das Bückeburger Krankenhaus Bethel. Die Gesamtbettenzahl in einem gemeinsamen Schwerpunktkrankenhaus läge rund ein Drittel unter der derzeitigen Zahl in den drei Häusern. "Weniger Betten bedeuten weniger Personal," fasst Peter Fulge vom Kreiskrankenhaus Stadthagen zusammen. Patientenferne Berufe wie Verwaltung, Handwerk, Küche, Labor oder Reinigung würden "outgesourct" . Auf Deutsch: Die Mitarbeiter in den genannten Bereichen wären bei einer neugegründeten Firma angestellt, die nicht an Tarifverträge gebunden sei. Dumpinglöhne und schlechte Arbeitsbedingungen seien kein "Horrorszenario" sondern an anderen Kliniken Arbeitsalltag.
"Jetzt muss etwas passieren," fordern die Arbeitnehmervertreter aus Rinteln und Stadthagen.
Auch wenn nur rund ein Drittel der Kollegen am Klinikum Schaumburg über die Gewerkschaft organisiert sind, ziehen alle an einem Strang. "Jetzt sofort muss eine Personalsicherungsvereinbarung her," sagte Gabi Walz, Vorsitzende des Gesamtpersonalvorstands. Die Vereinbarung gehöre normalerweise zur Grundlage einer Ausschreibung. Darin müssten sich die tariflichen Bestimmungen, betriebliche Altersvorsorge und Kündigungsschutz niederschlagen. "Ist der Beschluss erst gefasst, haben wir keinen Verhandlungspartner mehr", so Knitter und Fulge. Selbstkritisch gestehen die Arbeitnehmervertreter ein, zu spät an die Öffentlichkeit gegangen zu sein. "Wir haben lange an die Vorsorgepflicht des Landkreises und den Landrat geglaubt," sagte Peter Fulge.
Intern habe es immer wieder Maßnahmen gegeben. Vor zehn Jahren habe der Landkreis von den Arbeitnehmern einen "Stand der Dinge" bekommen, sagte Klaus Helmentag, ehemaliger Personalratsvorsitzender in Rinteln. Den letzten großen Vorstoß gab es 2003. In einem Personalräte-Workshop erarbeiteten die Kollegen Konzepte und Lösungsvorschläge für beide Häuser. "Da waren die Konzepte von heute mit drin, aber in der Umsetzung für die Arbeitnehmer wesentlich günstiger," so Gabi Walz.
Den Ausschuss- und Kreistagsmitgliedern geben die Arbeitnehmer viele Wünsche mit in die Adventszeit. Mira Wehmeyer hofft, dass Informationen kritisch hinterfragt werden. Angela Schultjahn gibt zu bedenken, dass die Klinikum-Entscheidung nicht über Zahlen und Fakten falle, sondern über Menschen. "Da hängen Familien dran." Gabi Walz wünscht den Entscheidern, dass sie zu jeder Seite Informations-Material ein Gesicht vor sich sehen.
Peter Fulge erweitert den Kreis und wünscht sich von den Schaumburgern, dass die Situation ihrer Krankenhäuser die gleiche Aufmerksamkeit erfahre, "wie die DSL-Thematik im Sommer".
Damit der neue Kollege Angst die Möglichkeit hat, sich zu artikulieren.