STADTHAGEN (mr). Die Augen von Dr. Alexander Pojarov sind ein wenig feucht, als er den Worten des Bürgermeisters Bernd Hellmann aufmerksam zuhört, mit denen dieser die symbolische Rückgabe der Bürgerrechte an die Bürger jüdischen Glaubens in Schaumburg würdigt.
"Antisemitismus richtet sich gegen jegliche Form demokratischen Lebens", bekräftigte Pojarov. Es sei die gemeinsame Aufgabe, sich unabhängig von Religion, Weltanschauung und Herkunft gegen Antisemitismus zu stemmen. Mit der Übergabe der Menorah und der damit verbundenen symbolischen Rückgabe der Bürgerrechte sei "ein wichtiger Schritt des Erinnerungsprojektes Schaumburg getan", begann Oberprediger Dr. Klaus Pönnighaus am vergangenen Sonntag in der St. Martini-Kirche seine Rede. "Aber eben erst ein Schritt." Vertreter aus unterschiedlichsten Richtungen trügen gemeinsam zu der Entwicklung des Erinnerungsprojektes bei. "Ich bitte Sie alle dringend darum, das für die Geschichte unserer Stadt so wichtige bisher Erreichte nicht zu gefährden, sondern gemeinsam fortzuführen." "Leider ist in den vergangenen Tagen durch unabgestimmte Aktionen und dem Wunsch nach überregionaler Beachtung Irritation und möglicherweise auch politischer Schaden entstanden", ging auch Hellmann auf die aktuellen Geschehnisse ein. "Ich bedauere diese Irritationen und Missverständnisse zutiefst."
Die Übergabe der Menorah könne keine Wiedergutmachung sein und Gräueltaten nicht ungeschehen machen, so Hellmann. Doch "ich hoffe und wünsche mir – und mit mir eine breite Mehrheit von Bürgern in Stadthagen und Schaumburg, dass diese Geste als Akt der Versöhnung und Verständigung von Ihnen angenommen wird."
Gemeinsam zündeten Pojarov, Vorsitzender der Jüdischen Kultusgemeinde im Landkreis, und Marina Jalowaja, Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Bad Nenndorf, die Kerzen des siebenarmigen Leuchters an. Die Menorah bleibt solange in der Obhut der St. Martini-Kirche bis ihr Bestimmungsort, die Synagoge in Stadthagen, saniert ist. Gedenken und Mahnen – in den Ansprachen von Hellmann, Pönnighaus und Pojarov sowie in den Grußworten des niedersächsischen Ministerpräsidenten, Christian Wulff, kamen beide Notwendigkeiten deutlich zum Ausdruck. "Es ist unsere Pflicht, alles zu tun, damit solches Unrecht nie wieder geschehen kann", schreibt Wulff und dankt Hasso Neumann "für seine Idee, seine kunstvolle Kreation und die Energie, mit der er sein Anliegen betrieb", der Schaumburger Landschaft, dem Arbeitskreis, der Stadt, dem Rat, den Spendern und allen Mitwirkenden für ihr Zutun.
Dass die symbolische Rückgabe der Bürgerrechte als Ausdruck der Menorah erst der erste Schritt war, beweist der Förderverein, der sich am Dienstag, 18. November, gründet. Eine Vernetzung der Erinnerungsstätten mit der Synagoge in Stadthagen als Knotenpunkt soll entstehen. Foto: mr