STADTHAGEN (nb). "Ganz schön brutal" war die erste Reaktion der Fünftklässler Celina Peuker, Jan-Luca Pittelkow und Felix Asche auf das, was sie in "Centralstation" gesehen haben. Den Film fanden sie gut, aber sie vermissten das "Happy End". Vor allem weil die gezeigten Szenen eben keine Fiktion sind. Der preisgekrönte brasilianische Film zeigt in realistischen Bildern, wie das Leben eines Straßenkindes in Brasiliens Armenvierteln aussieht.
Kriminaltät und Not bestimmen den Alltag, die Chance auf Bildung und einen späteren Beruf ist gleich Null. Vor diesem Schicksal sollen möglichst viele kleine Brasilianer bewahrt werden. Die Spendenaktion "Brasilien" ist aus einem Austauschprogramm des Ratsgymnasium (RGS) hervorgegangen und will helfen Straßenkindern ein neues Zuhause und eine Lebensperspektive zu geben. Die Schule organisiert die etablierte Sammlung seit 1991 im Abstand von zwei Jahren, viele Schüler und Eltern beteiligen sich aktiv daran. An allen vier Sonnabenden vor Weihnachten verkaufen Schüler auf Basaren in der Marktpassage selbstgebastelten Weihnachtsschmuck, Kekse und Postkartensets mit Bildern, die die brasilianischen Kinder aus den Hilfsprojekten gemalt haben. Einige solidarisieren sich bewusst mit dem Alltag der Straßenkinder, indem sie an Elternsprechtagen und auf dem Marktplatz Schuhe putzen, Konfirmanden stellen das Spendenprojekt in ihren Kirchengemeinden vor und bitten um Unterstützung aus der Kollekte. Zahlreiche Stadthäger Institutionen und Geschäftleute unterstützen die Aktion finanziell und tragen so zu ihrem Erfolg bei. Die Sparkasse Schaumburg spendet auch in diesem Jahr wieder die stolze Summe von 1000 Euro, der Filmtheaterbetrieb Fritz Rubba GmbH, Inhaber des Stadthäger Kinocenter, hilft mit 400 Euro und ermöglicht zwei Sondervorstellungen, in denen sich die fünften und sechsten Klassen des Ratsgymnasiums den brasilianischen Film ansehen können. "Bei unserer letzten Aktion sind 20.000 Euro zusammengekommen", sagte Lehrerin Angelika Hasemann, "ich hoffe das schaffen wir wieder, denn damit kann man in Brasilien viel erreichen". Das gesammelte Geld kommt, je zur Hälfte, zwei Institutionen zu Gute, die sich um die Schwächsten in den Favellas, den Elendsvierteln, kümmern. Das Projekt "Santa Fe" betreut ungefähr 100 ehemalige elternlose Straßenkinder, gibt ihnen Unterkunft und bereitet sie auf eine Reintegration in der Gesellschaft vor.
Viele der Betroffenen haben Gewalt und Mißbrauch in Familien erlebt und sind auf der Straße mit Drogenhandel, Diebstahl und Prostitution in Berührung gekommen. Mit viel Zuwendung und Geduld kümmern sich Therapeuten um die Kinder und begleiten sie bis zum 16. Lebensjahr auf ihrem Werdegang. Das zweite Projekt, "Reconciliacao do Menor", ist mit der deutschen Gemeinde der evangelisch-lutherischen Kirche assoziiert und betreut 120 Kleinkinder in einer Krippe. 200 Jugendliche bis 18 Jahre nutzen das Bildungs- und Freizeitangebot der Einrichtung und werden dort auf den Berufseinstieg vorbereitet. Sozialarbeiter kümmern sich zusätzlich um die ebenfalls bedürftigen Familienmitglieder und eröffnen ihnen neue Chancen. 60 Prozent der Gelder, die für laufende Kosten und Ausbauten der Einrichtung anfallen, müssen aus Spenden finanziert werden. Beiden Projekten ist gemein, dass sie Kinder von der Straße holen und sie vor dem sicheren Tod bewahren. Die Austauschschüler des RGS besuchen die Institutionen jährlich und überzeugen sich vor Ort, wie sinnvoll die Spenden eingesetzt werden.
Die Zuteilung übernehmen deutsche Lehrer im Auslandsdienst. Spenden können noch bis zum 19. Dezember auf die folgenden Konten überwiesen werden: Sonderkonto Brasilien bei der Sparkasse Schaumburg, Kontonummer 473464220, BLZ 25551480 oder Sonderkonto Brasilien bei der Volksbank Hameln-Stadthagen Kontonummer 24529100, BLZ 25462160.
Die Spenden gehen zu 100 Prozent an die Einrichtungen, denn durch den ehrenamtlichen Einsatz der Helfer entstehen keinerlei Verwaltungskosten. nteressierte können sich auf www.ratsgymnasium-stadthagen.de informieren und im Spendenaufruf und der Bildergalerie noch mehr über das Projekt erfahren.
Foto: nb/privat