STADTHAGEN. Eineinhalb Stunden auf einem Fleck sitzen, konzentriert zuhören, ein paar Fragen stellen – welcher, die Macht der Bilder gewöhnte und die Werbeunterbrechung herbeisehnende, Fernsehzuschauer des 21. Jahrhunderts würde nicht sagen: "Wie langweilig".
Die Schüler des Ratsgymnasiums fanden es allerdings überhaupt nicht langweilig, was Wolfgang Bittner aus seinem neuen Jugendroman "Flucht nach Kanada" vorlas. Dank Bittners anschaulicher Erzählweise entstanden wie von selbst die Bilder in den Köpfen der Zuhörer: der jugendliche Held, der nach problematischen Erfahrungen mit dem Freund seiner Mutter nach Kanada zu seinem ihm unbekannten Großvater aufbricht, die ihm fremde Welt im Norden Kanadas, das Leben der Indianer und das Überleben in der Wildnis.
Übrigens: Ein Indianer würde nie eine Hose mit Löchern kaufen. Das erfuhren die Schüler im Gespräch mit Bittner. Löcher bekomme die Hose im Laufe der Zeit von selbst. Bittner versuchte so, dem Überfluss der hiesigen Gesellschaft die Armut der Indianer gegenüberzustellen. Was Bittner schreibt, zeugt von eigenen Erfahrungen.
Der Autor lebte selbst einige Jahre in der kanadischen Wildnis wie die Ratsgymnasiasten erfuhren. Danach verließen die Schüler den Raum mit dem festen Vorhaben, den Fernseher häufiger einmal wieder durch ein gutes Buch zu ersetzen. Wenn das durch die Autorenlesung, die alle 7. Klassen des Ratsgymnasiums jeweils zwei Schulstunden lang genießen durften, erreicht wurde, dann hat sich die Arbeit der Deutschlehrerin Beate Bothe, die diesen Tag organisierte, gelohnt.