RINTELN (ste). Für eine Schulklasse des Gymnasium Ernestinum sollte es eine Lehrstunde in kommunaler Selbstverwaltung und Ratsarbeit der politischen Parteien werden; zeitweise drohte die Ratssitzung jedoch abzukippen in ein drittklassiges Theater. Gegenseitige Schuldvorwürfe der Ratsmitglieder bei der Frage, wer die IGS in Rinteln denn nun wirklich verschlafen hat, und unterschiedliche Auffassungen darüber, ob die IGS denn nun als "zusätzliche" Schulform in Rinteln ein Standbein bekommen soll, oder ob es nur ein "Hop oder Top" für Haupt- und Realschule oder IGS geben kann, kennzeichneten die Sitzung. Am Ende fanden die Rintelner Verantwortungsträger nach einer Pause einen tragfähigen Kompromiss, der die Einrichtung einer IGS vom Landkreis bis zum Schuljahr 2009/2010 und dabei auch die Prüfung einer Zusammenarbeit mit Obernkirchen fordert. Außerdem soll der Landkreis schnellstmöglich eine neue Bedarfsabfrage für eine IGS in Rinteln durch eine Befragung von Eltern starten und dabei auch die Einzugsgebiete Bückeburg und Auetal mit einbeziehen. Außerdem richtete der Rintelner Rat eine Petition an den Niedersächsischen Landtag, die im Gesetz festgelegte Fünfzügigkeit aufzugeben. Bis zu dieser Entscheidung war es jedoch ein steiniger und diskussionsreicher Weg. Für Ursula Helmhold (Grüne) war die Situation, vor die die Stadt Rinteln sich bei der Einrichtung einer IGS nun gestellt sieht, von mehreren Seiten eingebrockt. Das Land Niedersachsen mit seiner Forderung nach Fünfzügigkeit der IGS‘en habe die Messlatte zu hoch gelegt, die Kreistagsmitglieder aus dem Rintelner Rat hätten die Rintelner Interessen zur Einrichtung einer IGS bei ihren Entscheidungen im Kreistag trefflich verschlafen und auch im Rat habe man die Notwendigkeit zum Handeln nicht rechtzeitig erkannt. Auch dem Landkreis Schaumburg schusterte Helmhold eine Teilschuld zu: "Bei der Fragebogenaktion haben Rintelner Eltern keine Möglichkeit gehabt, ihre Kinder auch in eine mögliche Rintelner IGS schicken zu wollen!" Deutlich sah sie die verfahrene Situation und stellte klar: "Wenn wir uns jetzt nicht konsequent auf den Weg machen, läuten wir die Totenglocke für eine IGS in Rinteln!" Klar machte sie auch, dass man besonders an Obernkirchen Befriedungsangebote richten sollte und die Hand zur Zusammenarbeit ausstrecken müsse. Eine Haltung, die auch Heinrich Sasse von der WGS unterstützte: "Es geht nicht darum, den Standort Obernkirchen wegzukicken, sondern Rinteln mit ins Boot zu bekommen; sonst ist der Bedarf gedeckt und für Rinteln geht der Ofen aus!" Ein Szenario, das der Rat als "Treppenwitz allererster Güte" bewertete, denn: "Warum soll die größte Stadt des Landkreises keine IGS bekommen?" fragte sich nicht nur Dieter Horn, dem die Nackenhaare noch heute schwellen, wenn er sich einige Entscheidungen aus dem Schaumburger Norden anschaut. Und Horn erhielt Unterstützung von Ulli Goebel, der auch den Landkreis in der Pflicht sah, Rinteln als größten Steuerzahler im Kreis bei der Einrichtung einer IGS zu unterstützen. Unmut erntete Klaus Wißmann als Fraktionschef der SPD mit seiner Feststellung, dass der Beschluss des Kreistages, drei eigenständige IGS Standorte in Rodenberg, Helpsen und Obernkirchen einzurichten, nicht gekippt werde und somit bereits jetzt eine Zusammenarbeit von Rinteln und Obernkirchen quasi "...vom Tisch" sei. "Wenn wir es nicht versuchen, brauchen wir künftig gar nicht mehr in die Sitzungen zu gehen", schimpfte Ursula Helmhold und forderte dazu auf, auf allen politischen und Verwaltungsebenen für einen IGS-Standort in Rinteln zu kämpfen. Ein wenig exotisch muteten die Haltungen von Dagmar König (CDU) und Paul-E. Mense (FDP) an, die nicht "...euphorisch die Haupt- und Realschule platt machen" wollen, sondern die IGS als zusätzliches Angebot in der Rintelner Schullandschaft sehen wollten. Eine Meinung, der Bürgermeister Karl-Heinz Buchholz eine klare Absage erteilte: "Wenn man eine IGS will, dann muss man deutlich auch eine Entscheidung gegen Haupt- und Realschule treffen!" Derzeit besuchen von 200 Rintelner Kindern pro Jahrgang 56 Prozent das Gymnasium: "130 Kinder wären allerdings bei Fünfzügigkeit für eine IGS erforderlich!" Rechnerisch geht das also schon einmal nur in Rinteln nicht. Buchholz will nun versuchen, dass sich Stadt und Landkreis noch einmal an einen Tisch setzen und dabei auch die Möglichkeiten zur Zusammenarbeit von Obernkirchen und Rinteln ausloten: "Das geht nämlich nur, wenn der zuständige Schulträger - und das ist der Landkreis - dem ausdrücklich zustimmt!" Foto: ste
Welche Schulformen werden diese Kinder in Rinteln künftig zur Auswahl haben; auch diese Frage stellten sich einige Ratsmitglieder. Doch wer sich für eine IGS entscheidet, schreibt gleichzeitit auch die Standorte von Haupt- und Realschule in der Stadt ab.