BAD NENNDORF. Der Schützenverein Bad Nenndorf ist 83 Jahre alt und hat so manches Stück seiner Geschichte mit Bravour gemeistert. 1953 wurde das erste Schützenfest nach dem Krieg mit beachtlichem Erfolg unter großer Beteiligung der Bevölkerung gefeiert. Dazu gehörte selbstverständlich ein Königsschießen mit der sich anschließenden feierlichen Proklamation der Majestäten. Noch gut in Erinnerung sind die Umzüge der Bad Nenndorfer Schützen und der örtlichen Vereine in den Kurpark, wo sie an der Esplanade und später an der Musikmuschel ihre Könige dem zahlreich versammelten Publikum vorstellten. Damals gehörte selbstverständlich ein kleines Showprogramm dazu. 2008 ist dies nur noch schnöde Erinnerung. In diesem Jahr steckt der Schützenverein Bad Nenndorf mit seinen 87 Mitgliedern in einer tiefen Krise. Erstmals seit 55 Jahren gab es kein Schützenfest und wurde bis heute kein Königsschießen durchgeführt - zusammen mit dem Schützenfest eigentlich der Höhepunkt eines jeden Schützenjahres. Aber es keimt Hoffnung.
Der neue geschäftsführende Vorstand des Schützenvereins ohne Schriftführer Heiko Trieschmann: Wolfgang Hoffmeister (v.li.), Karl-Heinz Richter, Dietmar Beck und Karl-Heinz Hochgräfe.
Was ist geschehen? Im Februar 2008 treffen sich die Mitglieder des Vereins im Vereinsheim zu ihrer alljährlich stattfindenden Generalversammlung - der Rück- und Vorschau auf Gewesenes und Zukünftiges. Die Öffentlichkeit ist zu diesem Treffen nicht eingeladen. Der bis dahin amtierende Vereinsvorsitzende Detlef Nixdorf hatte im Vorfeld erklärt, dass er für eine weitere Amtsperiode nicht zur Verfügung stünde. Die Wahl eines neuen Vorsitzenden muss jedoch mangels Kandidaten unterbrochen werden. Der alte Vorstand mit Nixdorf und seinem Stellvertreter Heinz-Dieter Weihe führt die Amtsgeschäfte weiter. Allerdings werden Dietmar Beck zum Kassierer und Heiko Trieschmann zum Schriftführer gewählt. In einer Art Selbstfindungsprozess finden im April und Mai auf Initiative verschiedener Mitglieder Versammlungen statt, mit dem Ziel, den Verein aus der Krise herauszuführen. Zu diesem Zeitpunkt sieht sich der Verein nicht in der Lage, ein Königsschießen, geschweige denn ein Schützenfest zum dem anberaumten Termin Ende Juni durchzuführen und storniert alle Verträge. Um den Verein zu retten, werden Überlegungen angestellt, sich einem anderen Verein anzuschließen. Es wird sogar an eine Liquidierung gedacht.
Die zahlreichen Zusammenkünfte sind von Erfolg gekrönt. Jetzt trafen sich 29 Mitglieder des Schützenvereins Bad Nenndorf im Vereinsheim zu einer außerordentlichen Mitgliederversammlung, um einen neuen Vorsitzenden zu wählen. Der noch amtierende Vorsitzende Detlef Nixdorf eröffnete die Versammlung unter anderem mit Äußerungen über "Unstimmigkeiten im Verein", mit Hinweisen auf "kommunikative Dissonanzen" sowie einer Kritik am Altersprecher und dem Verhalten einiger Vereinsmitglieder - Ausführungen, die bei den Anwesenden auf scharfen Widerspruch stießen. Konrad-Wilhelm Riebe übernahm die Aufgabe eines Wahlleiters und schnell stellte sich heraus, dass die anwesenden Mitglieder des Vereins nur eins wollten: die Neuwahl des Vorstandes. Wolfgang Hoffmeister kandidierte ohne Gegenkandidaten für das Amt des Vorsitzenden und wurde bei zwei Enthaltungen mit klarer Mehrheit neuer Vorsitzender. Auch für das Amt des 2. Vorsitzenden gab es nur einen Bewerber: Karl-Heinz Richter, der das Amt des Vorsitzenden vor Nixdorf etliche Jahre lang ausgeübt hatte. Richter wurde bei einer Neinstimme und vier Enthaltungen mit großer Mehrheit in das Amt des Vize gewählt. Zur zweiten Schriftführerin bestimmte die Versammlung Ursula Apfelbaum, zum 1. Schießsportleiter Karl-Heinz Hochgräfe. Ursula Hoffmeister übernahm die Leitung der Damenriege, Thomas Schwarz das Amt des Jugendleiters und Heinz-Dieter Weihe den Posten des Alterssprechers. Udo Apfelbaum macht als Waffen- und Gerätewart weiter. Wolfgang Hoffmeister, der in seine Dankesworte ein "Erwartet keine Wunderdinge von mir" einflocht, wird sich zusammen mit seinen Vorstandskollegen in naher Zukunft mit dem Thema Königsschießen beschäftigen und dem Verein in seinem 84. Jahr vielleicht doch noch Majestäten bescheren. Ob damit ein irgendwie geartetes Schützenfest verbunden sein wird, steht wohl noch in den Sternen. 2008 wäre dann das erste Jahr seit über fünf Jahrzehnten, in dem die Nenndorfer Grünröcke ihr Fest aller Feste nicht feiern. Foto: privat