BAD NENNDORF/RODENBERG/LAUENAU (al). Adalbert Bonk eilt von Termin zu Termin. Der katholische Pfarrer für Bad Nenndorf, Rodenberg, Lauenau und die umliegenden Ortschaften ist an diesem Montag nicht allein. Redakteurin Christina Iglseder, Kameramann Jan-Peter Sölter und Tontechniker Jan Voß begleiten ihn auf Schritt und Tritt. Die Fernsehjournalistin will einen Kontrapunkt setzen gegen den Eifer der vielen Medienkollegen, die über den soeben begonnenen Katholikentag berichten: "Die Feierstimmung in Osnabrück passt nicht zur Katerstimmung vor Ort", erklärt sie. Iglseder weiß, wovon sie spricht: Seit einigen Monaten gehört die Rodenbergerin selbst dem hiesigen Kirchenvorstand an, erkennt die Belastungen, die auf dem Seelsorger liegen und ist entsetzt über die Vorschläge der Hildesheimer Bistumsleitung, unter den vorgesehenen 80 Kirchen auch die von Lauenau und Rodenberg zu schließen: "Das sind doch alles dramatische Entwicklungen." So hat sie die Mainzer Redaktion des täglichen "Mittagsmagazins" von ihrem Thema rasch überzeugen können. Die Mittwochsendung ist ganz der katholischen Kirche gewidmet: ein Beitrag zum Christentreffen in Osnabrück, der Kontrast dazu aus Bad Nenndorf, ein Interview mit einem Bischof sind die vorgesehenen Eckpunkte. Da blieb nicht lange Zeit für Vorbereitungen: Am Montag stand das Team morgens um 10 Uhr vor der Pfarrhaustür und ließ Bonk bis zum Abend nicht mehr aus den Augen. Es war ohnehin nichts konstruiert: Der Kalender nannte Termine in stündlicher Abfolge. "So geht das bei mir immer zu", verriet der 66-Jährige. Eigentlich müsste er noch mehr schaffen. Aber: "Ich konzentiere mich auf das Wesentliche, die Seelsorge." So folgten den unvermeidlichen Büroarbeiten und Dienstbesprechungen mit Gemeindereferentin und Sekretärin eine Trauerfeier, eine Aufstellungprobe für die Messdiener, ein Gottesdienst mit Senioren, ein Treffen mit Jugendlichen vor deren Abreise nach Osnabrück und schließlich eine Sitzung des Kirchenvorstands mit brisanten Themen. Eines davon kam auch im Interview vor laufender Kamera zur Sprache: die Kirchenschließung. Und da wiederholte Bonk gleich noch einmal das, was er am Sonntag im Gottesdienst schon den Gläubigen gesagt hatte: "Für jede geschlossene Kirche müsste eine Gemeindereferentin eingestellt werden." Aber bereits das Aus für die beiden Kirchen will er nicht zulassen: "Das Geld ist doch da, es muss nur richtig verteilt werden." Eine Resolution an den Bischof ist in Vorbereitung. Und darin wird wohl auch der Vorschlag stehen, dass die hiesigen Gläubigen selbst über die Zukunft ihrer Gebäude entscheiden wollen. Iglseder hat bereits recherchiert: Gerade in Rodenberg befinde sich das "Zentrum" der Kinder- und Jugendarbeit in der Gemeinde. Ein Aus für die Kirchenimmobilie könnte fatale Folgen nach sich ziehen. Doch das sollte nur ein Aspekt in dem kurzen Fernsehfilm sein. Die Szenen dokumentierten auch die täglichen Belastungen des Geistlichen. Sie entstehen nicht nur durch das beinahe verdoppelte Gemeindegebiet, seitdem die ehemals selbstständige Pfarrei Rodenberg/Lauenau keinen eigenen Seelsorger mehr hat. Parallel dazu kommen Personaleinsparungen: Selbst die Stelle im Pfarrbüro wurde halbiert. Trotz der Belastungen denkt der 66-Jährige nicht an seinen Ruhestand: "Das Dasein als Pensionär liegt mir nicht." Dabei müsste er vielleicht bald noch mehr arbeiten: 2012 wird er nach den jetzigen Planungen für die Pfarrei Haste/Hohnhorst ebenfalls zuständig sein. Und das bedeutet noch mehr Termine für Messen, Taufen, Trauerfeiern und Kommunionkinder. Und wieder sagt er, sich auf das Wesentliche konzentrieren zu wollen: "Die Seelsorge." Das haben die Fernsehleute an diesem Tag miterleben können. So sehr die Zeit auch gedrängt haben mag; die Beisetzung mit großer Trauergemeinde erhielt ihren würdigen Rahmen. Nur ganz verstohlen guckte Bonk auf die Uhr: "Ich muss doch um halb Drei beim Gottesdienst in Rodenberg sein." Trotzdem übte er sich in Geduld. Weil die Hinterbliebenen den Fernsehaufnahmen nicht zustimmen wollten, wurde nach der Beisetzung eine Szene gestellt. Schnell packten Kameramann und Tontechniker anschließend ihre aufwendigen Apparate ein. Nur für einen Moment stutzt der Pfarrer, als ihm Christina Iglseder beiläufig mitteilte, die Bischöfliche Pressestelle in Hildesheim bereits über den Sendetermin informiert zu haben.
"Nein, Ärger gibt es bestimmt nicht", erwiderte Bonk auf sofortige Nachfrage: "Die sind doch froh, dass sie mich hier noch haben". Das kann die Redakteurin und Kirchenvorsteherin nur bestätigen: "Vor zehn Jahren gab es noch 376 aktive Priester im Bistum, jetzt sind es nur noch 265." Und Theologennachwuchs sei mehr denn je Mangelware. Die Bistumsleitung wird sich den Namen der Journalistin ohnehin merken müssen: Sie hat sich inzwischen bereiterklärt, für den hiesigen Kirchenvorstand die Resolution gegen die Kirchenschließung formulieren zu wollen.
Das ZDF-Team bei der Arbeit: Christina Iglseder mit Kameramann Jan-Peter Sölter und Tontechniker Jan Voß.
Kameramann Jan-Peter Sölter prüft letzte Einstellungen.
Foto: al