AUETAL-REHREN (tt). Mit seinen schwarz-roten Haaren wirkte Polit-Kabarettist Gerd Hoffmann zwar wie ein Werbeträger der großen Koalition, doch scheute er sich nicht, die Bundesregierung in all ihren Facetten zu kritisieren und unbarmherzig und genüsslich die "Haare in der Suppe" zu finden. Dem Auetaler Kulturverein war es zu verdanken, dass der kritische Querdenker aus der Bundeshauptstadt in seinem Zweistunden-Programm in der Halle von "Weserbergland-Ei" im Rehrener Industriegebiet alle Register zog, um den 80 Besuchern in der parteipolitischen Sumpflandschaft die undurchsichtige Brühe des Politalltags zu servieren. Dabei bewies Hoffmann, dass Polit-Kabarett durchaus Spaß machen und einen moralischen Anspruch haben kann, ohne moralisierend den Finger zu heben. "Allet wird jut" hieß sein neues Programm, das ausschließlich die Politszene aufs Korn nahm. "Eigentlich gibt es keinen Grund mehr für politisches Kabarett. Der Aufschwung ist da – fast mit der Macht und Geschwindigkeit eines Unwetters und die Arbeitslosen in Deutschland werden langsam knapp", sinniert Hoffmann, der bemängelt, dass in Deutschland nichts passiert, worüber man herfallen könnte. "Außer der SPD, die eineinhalb Jahre vor der Wahl anfängt, sich selbst aufzulösen". Was sollte ein Kabarettist an diesem Musterdeutschland also noch auszusetzen haben? Eine ganze Menge. Unbarmherzig, zielsicher und zynisch nahm er die Gesundheitsreform und die Rente ins Visier, machte dem staunenden Publikum die Flaschenpfand-Rechnung auf, erklärte plausibel den Gammelfleisch-Skandal und kürte Ursula von der Leyen zu seiner Lieblingsministerin. "Ich habe nichts gegen Frauen, auch wenn ich an Angela Merkel und Ulla Schmidt denke", so Hoffmann weiter, der charmant und witzig erläuterte, warum in Deutschland "Frauenpower" zum Leidwesen der Männer auf dem Vormarsch ist. In einem fiktiven Telefonat mit der Rettungsleitstelle führte er den Besuchern vor, woran Deutschland erkrankt sei und entzerrte Kommunikationsprobleme zwischen einem Fahrschulfragebogen und einem Wahlzettel. Zum Schluss gab er klare und zum Teil "boshafte" Antworten auf ungestelte Fragen. So sei das Wetter der Klima-Killer Nummer eins und trügen die Vegetarier zur schlechten Umweltbilanz bei, weil sie keine Kuh vertilgen. "Dabei wissen wir doch alle, dass eine Kuh einen Methangas-Ausstoß hat, der so groß ist wie ein Kleinwagen". Gerd Hoffmann ist trotz seiner mehr als zwanzig Jahre Kabaretterfahrung immer noch ein gutgelaunter Mensch, der es versteht, seinem Publikum einen unterhaltsamen Abend mit befreiendem Gelächter zu bescheren. Er ist flink mit Worten und Themen, beweglich mit Gedanken und Gesicht und unglaublich glaubwürdig, selbst als er die neueste Nachricht aus dem Berliner "Milieu" der Union bekannt gab, die da lautet, Friedrich Merz habe der Kanzlerin Führungsschwäche vorgeworfen. Dabei hebt er beschwörend die Hände und behauptet: "Ich habe nichts gegen Angela Merkel".
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