1. "Das Volkseinkommen wächst – allein die Beschäftigten bekommen nichts davon ab"

    "ver.di"-Ortsverband ehrt langjährige Mitglieder / Deutliche Kritik an Arbeitsmarkt-Politik

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    RINTELN (km). Beim Treffen des Rintelner "ver.di"-Ortsverbandes wurden jetzt zahlreiche Mitglieder für ihre langjährige Treue geehrt. Die ersten Gratulanten waren Vorsitzender Hans-Jürgen Niemeyer und Bernd Kleimann vom Landesverband Niedersachsen/Bremen. Der Fachbereichsleiter Bund/Länder war auch für den Festvortrag zuständig - in dem der Gewerkschafter auf diverse aktuelle soziale Missstände hinwies.

    Seit 50 und 60 Jahren Gewerkschaftsmitglieder (v. li.): Kurt Siekmann, Albert Schmidt, Heinrich Menneking und Ursula Doelle

    Im Rahmen der Zusammenkunft wurden erstmals nicht nur alle Kolleginnen und Kollegen geehrt, die seit 60, 50, 40 und 25 Jahren Mitglied der Organisation sind: Gleichzeitig hieß Hans-Jürgen Niemeyer auch alle neuen Mitglieder des Ortsvereins wilkommen.

    Eine Kombination, die auch Bernd Kleimann als gelungene Idee bezeichnete. In seiner Kritik der gegenwärtigen gesellschafts- und gewerkschaftspolitischen Lage indessen fand der Referent kaum weitere positive Ansatzpunkte. Dabei sei Deutschland ein reiches Land, in dem Millionen gut ausgebildete Frauen und Männer jeden Tag mit ihrem Wissen und Können Wohlstand schafften. "Mir ihrem Einsatz," so Kleimann, "haben die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Deutschland zum Exportweltmeister gemacht.

    Die Wirtschaft boomt, der Export sorgt für prall gefüllte Auftragsbücher - und die Managergehälter steigen weiter." Dennoch solle bei Löhnen und Gehältern weiter gegeizt werden, so der Referent. "Gerechte Lohn- und Gehaltserhöhungen werden als Konjunkturbremse diffamiert. Und mehr noch: Unternehmer und Teile der politisch Verantwortlichen malen weiterhin den internationalen Wettbewerb in düsteren Farben, damit viele Beschäftigte um ihren Arbeitsplatz fürchten und sich in Bescheidenheit üben. Nach ihren Bekundungen stand die Volkswirtschaft vor einem dreiviertel Jahr noch am Abgrund."

    "Wir leben über unsere Verhältnisse," höre man immer wieder. Viele seien verunsichert und zweifelten, ob da nicht doch was dran sei. "Aber," korrigierte Kleimann, "unser Land ist reich, und der Reichtum wächst immer mehr." Allein die Verteilung stimme nicht; die Schere zwischen Arm und Reich gehe immer weiter auseinander. Kleimann: "Das Volkseinkommen wächst, nur die Beschäftigten bekommen nichts davon ab. Zugelegt haben nur Unternehmer und Vermögensbesitzer." Und in den Unternehmen komme es trotz Rekordgewinnen zu Massenentlassungen. "Millionen von Menschen," erinnerte Bernd Kleimann, "suchen eine Beschäftigung, Millionen Menschen in Niedriglohnbereichen können von ihrer Arbeit nicht menschenwürdig leben hunderttausende junger Menschen haben keinen Ausbildungsplatz und keine Perspektive. Vielen Menschen ist der Zugang in die Arbeitswelt verwehrt: Jüngeren und älteren Menschen, gering Qualifizierten oder Migranten - sie alle stehen vor den verschlossenen Türen einer verfehlten Arbeitsmarktpolitik."

    Deshalb seien die Gewerkschaften nach wie vor die einzigen Organisationen, die sich wirkungsvoll für die Interessen von Arbeitnehmern einsetzen könnten. Das sei "in Zeiten von Neoliberalismus und Deregulierung" nicht einfach. Kleimann: "Wir führen zum Teil sehr schwierige Abwehrkämpfe gegen Übergriffe aus dem Arbeitgeberlager." Und manche Auseinandersetzung zeige auch:

    "Da, wo wir schwach sind brechen die Dämme - da wo wir stark sind halten sie und wir können sie auch noch verstärken." Kleimanns Quintessenz: "Wer Kämpft, kann verlieren - wer nicht kämpft, hat verloren." -Zu denen, die in diesem Sinn im heimischen Bereich bereits seit vielen Jahren aktiv sind, zählen Albert Schmidt (Auetal) und Kurt Siekmann (Rinteln), die für ihre 60-jährige Mitgliedschaft in der Gewerkschaft geehrt wurden. Seit 50 Jahren dabei sind Heinrich Menneking und Ursula Doelle (beide Rinteln), seit 40 Jahren Klaus-Dieter Bradke (Seggebruch), Werner Greulich, Manfred Spenner, Alfred Pawelczyk und Peter Schmidt (alle Auetal) sowie Manfred Langemeier, Dieter Remmert, Horst Schiemann, Heinrich Beilke, Klaus Krenz, Karl Lange und Lothar Schwarze (alle Rinteln). Für 25-jährige Treue schließlich wurden Marlies Hoffmann (Rodenberg), Luise Kuhlmann, Michelle Wascher (beide Buchholz) sowie Wilfried Kampmeier, Doris Lehmeier, Maria Zippel, Ingrid Halle, Marion Heidenreich und Elke Kliefoth (alle Rinteln) ausgezeichnet. Foto: km

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