RODENBERG (al). Das Rodenberger Heimatmuseum hat sich wieder einmal als zu klein erwiesen. Einen Nachmittag lang drängelten sich die Besucher zwischen Vitrinen und Tischen, weil etliche Expertinnen Handarbeitstechniken aus alter Zeit vorstellen wollten. "Knütt-Närmdach" nannte sich die Veranstaltung, die sogar ein wenig die Gemütlichkeit alter Spinnstubengewohnheiten vermittelte.
Unermüdlich drehen sich die Spinnräder: Ilse Brandes, Helga Meyer und Ilse Dormann (v. re.).
Auf die Idee war Vorsitzender Henning Dormann gekommen, weil doch der uralte Webstuhl jetzt wieder funktioniert. Doch nicht nur das Weben sollte an diesem Tag demonstriert werden, sondern auch die vielen anderen Fingerfertigkeiten aus Großmutters Zeiten. Dormann selbst setzte sich ebenfalls hinters Spinnrad – dem von Urgroßmutter Engel Marie. 1899 gehörte es zur Aussteuer der jungen Braut, gefertigt aus dem Holz eines Zwetschgenbaums und verziert mit weißem Rinderknochen sowie kunstvoll bemalt mit den Initialen ihrer Besitzerin. Allein darüber wusste der Urenkel eine Menge zu erzählen; zum Beispiel, dass die Perlen an den hölzernen Speichen nicht allein der Verzierung dienten. Drehte sich das Rad zu langsam, verriet das Klappern sehr schnell etwas vom mangelnden Fleiß der Bedienerin.
Moderne Spinnräder laufen lautlos: Ilse Dormann, Helga Meyer und Ilse Brandes saßen hinter den aus den Niederlanden stammenden Apparaten. Die moderne Konstruktion sei einfacher zu bedienen, verrieten sie. Doch auch sie haben wie in alten Zeiten die Schuhe ausgezogen und treten in Wollstrümpfen das Pedal: "Da hat man mehr Gefühl."
Nur mit ein paar Nadeln hantierten die Damen des Arbeitskreises Historischer Handarbeiten des Schaumburg-Lippischen Heimatvereins Stadthagen. Sie stickten und häkelten und demonstrierten Zuschauern unter anderem die Gerstenkorntechnik oder die Hardangerstickerei. Davon wollte auch die erst achtjährige Victoria wissen. Die Nenndorfer Schülerin, deren Lieblingsfach natürlich "Textiles Gestalten" ist, will nun wohl auch noch das Sticken lernen. Dagegen dürfte das Klöppeln noch etwas zu schwierig sein. Auch braucht man dafür eine Menge Geduld, wie Margret Löffler aus Beckedorf erklärte, die mit den winzigen Holzspulen auf einem Flachkissen hantierte. Geduld muss auch Sophie Mensching aufbringen: "Occi-Knüpfen" hieß ihre filigrane Tätigkeit, bei der sie ein winziges Schiffchen durch ein dünnes Fadengewirr führte.
Natürlich trugen Mensching und ihre beiden Gefährtinnen die regionale Traditionskleidung und sorgten damit für weiteres Aufsehen neben der Stickerei und dem Perlenstricken. Henning Dormann zeigte sich sichtlich zufrieden über den Verlauf der Veranstaltung. Denn durch sie waren auch Besucher angelockt worden, die das vor einiger Zeit umgestaltete Heimatmuseum noch nicht kannten. Als Glücksfall erwies sich zudem, dass die Sonderausstellung über die frühere Nutzung des Gebäudes als ehemalige katholische Kirche noch aufgebaut war. Sie fand ebenso Interessenten wie das Angebot der Heimatfreunde, nach dem informativen Rundgang sich bei Kaffee, Kuchen und deftigen Schnittchen zu stärken – und dabei den Webstuhlexperten Gustav und Elfriede Ahrendt über die Schulter zu schauen. Denn dank deren Engagement konnte der Nachmittag eigentlich überhaupt erst initiiert werden. Foto: al