LAUENAU (al). Die Absicht des Betreibers, das Senioren- und Pflegezentrum "Nora" um einen Anbau zu ergänzen, ist einen Schritt weiter gekommen. Der Rat des Fleckens Lauenau beschloss mehrheitlich zwei Änderungen im Bebauungsplan, nach denen die Geschossflächenzahl erhöht und das vorhandene Gebäude verlängert werden kann. Zuvor hatte Architekt Matthias Reinold Rechtslage und Vorhaben erläutert. Schon vor der Abstimmung kam unter den zahlreichen Zuhörern Unruhe auf. Nach der Entscheidung fielen zum Teil heftige Worte. Zudem kündigten Anlieger gerichtliche Schritte an.
Der geplante Anbau ist umstritten: Auf der noch vorhandenen Freifläche will Geschäftsführer Raid El-Salmi das Senioren- und Pflegezen-trum "Nora" erweitern.
Wie von den SW bereits berichtet, will Geschäftsführer Raid El-Salmi wegen der anhaltenden Nachfrage den vorhandenen Komplex verdoppeln. Das könnte – wie Planer Reinold ausdrücklich erklärte – bereits jetzt aufgrund der gegebenenen Festlegungen des Bebauungsplans erfolgen. Bei entsprechender Einhaltung der Grenzabstände würde ein zweites Gebäude auf dem großen Gelände entstehen. Aus wirtschaftlichen und betrieblichen Aspekten möchte El-Salmi aber die Gebäude miteinander verbinden. Außerdem soll der Anbau aufgrund der Hanglage mit zwei Vollgeschossen versehen werden. Beides "ist kein Handicap für die Umgebung", betonte Reinold. Es komme mit der Bebauungsplanänderung auch zu keiner größeren "baulichen Dichte auf dem Grundstück".
Während alle beteiligten Behörden keine Bedenken zu den vorgesehenen Maßnahmen äußerten, hatten die Nachbarn sehr rasch Widerstand angekündigt. In einem fünfseitigen Schreiben eines Rechtsanwalts wandten sie sich unter anderem gegen Ausweitung der Einrichtung in der Demenz- und Schwerstpflege, größeres Verkehrsaufkommen und Lärmbelästigung. Vor allem aber kritisierten sie eine "Riegelbebauung". Das Bauvorhaben werde zu einer "erdrückenden Wirkung" führen. Es komme zu einer "Verschattungssituation". Auch der Betrieb einer Solaranlage würde dadurch beeinträchtigt. Das alles führe zu einer Wertminderung der Grundstücke.
Reinold ging auf die Anliegerkritik ein, betonte jedoch, dass die meisten der genannten Punkte nicht Gegenstand der Bauplanung seien: "Verkehrs- und Parkplatzsituation werden im Rahmen des Bauordnungsrechts beleuchtet". Auch die Frage der Nutzung des neuen Gebäudes sei nicht im Rahmen des Bebauungsplans zu erörtern.
Zugleich machte er deutlich, dass im Rahmen des bestehenden "Abwägungsverfahrens" der Rat gar nicht umhin könne, der Planänderung zuzustimmen: "Die Grundsätze der Niedersächsischen Bauordnung sind erfüllt." Im Übrigen sei der Bereich als "Mischgebiet" ausgewiesen. Selbst in einem reinen "Wohngebiet" sei heutzutage eine Pflegeeinrichtung möglich. Vor der Abstimmung, die bei Enthaltungen der CDU-Fraktion nur mit den Stimmen der SPD erfolgte, hatte der Rat eine Anregung von Karl-Heinz Bruns (CDU), die Sitzung zugunsten einer Stellungnahme der anwesenden Anlieger zu unterbrechen, abgelehnt. "Wir haben die beiden Stufen der Bürgerbeteiligung ordnungsgemäß abgewickelt", bemerkte der stellvertretende Gemeindedirektor Jörg Döpke. "Wenn Sie ein Showprogramm haben wollen, können wir das gern machen", kommentierte Gemeindedirektor Uwe Heilmann. Aber Planer Reinold habe den Sachverhalt ausführlich dargelegt; neue Aspekte könnten sich jetzt nicht mehr ergeben. Auch Bürgermeister Heinz Laufmöller sprach sich "für ein ordentliches formelles Verfahren" aus. Nach dem Beschluss, der von zunehmender Unruhe unter den Zuhörern begleitet war, ergriff Werner Vennekamp als Sprecher der "Interessengemeinschaft der Anlieger" das Wort. Er empfinde es als "Frechheit", dass "der Unternehmer des Seniorenzentrums besser gestellt wird als die Anlieger", und fragte nach den Beweggründen der Gemeinde, die Bebauungplanänderung überhaupt zu betreiben. "Wir helfen Investoren und Privaten gleichermaßen, wenn diese ihre Grundstücke besser ausnutzen wollen", erwiderte Heilmann und nannte zwei Beispiele privater Antragsteller aus dem Siedlungsbereich: "Die Qualität dieser Rechtsänderungen war viel gravierender als die für ‚Nora’." Vennekamp ließ sich jedoch nicht beirren: "Das wird doch ein reines Krankenhaus", vermutete er und beklagte, dass trotz "mehrfacher Versuche" es nicht gelungen sei, den Rat anzusprechen. Demonstrativ verließ der Sprecher das Bürgerhaus und kündigte formale rechtliche Schritte an. "Wir sehen uns vor Gericht wieder", verschafften weitere Anlieger ihrem Ärger Luft.
Inzwischen hat sich Raid El-Salmi an das SW gewandt und sein Bedauern über die Eskalation ausgedrückt. Er habe immer Wert auf gute Nachbarschaft gelegt – und erfahre dies auch auf vielfältige Weise aus der Bevölkerung. Auch sei er "immer bereit", Anliegern die Baupläne vorzustellen und deren "Anregungen aufzunehmen". El-Salmi aber wandte sich heftig gegen überzogene Darstellungen. Das neue Gebäude werde zum Beispiel nur sechs Meter hoch. Wiederholt sei bei Kritikern "von zehn Metern Höhe" die Rede gewesen.
Der "Nora"-Chef, der sich als Zuhörer in der Ratssitzung von seinem Rechtsanwalt begleiten ließ, erklärte jedoch, auch seinerseits den Gang zum Gericht antreten zu wollen: Er lasse gegenwärtig prüfen, ob durch Äußerungen der Kritiker oder deren Verhalten der Ruf seines Hauses geschädigt worden sei. Er werde Beleidigungen oder bewusst falsche Darstellungen nicht hinnehmen. Das sei er allein schon den Heimbewohnern und den Mitarbeitern schuldig.
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