STADTHAGEN (ih). Die vorerst letzte öffentliche Veranstaltung zur Konzeption des Projektes zur Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus in Schaumburg war mit "Wege zur Erinnerung in Schaumburg" überschrieben. Moderator Klaus-Henning Lemme erinnerte an "den provozierenden Vorschlag von Herrn Neumann", der den Diskussionsprozess im letzten Frühling in Gang gesetzt habe. Sigmund Graf Adelmann stellte in seinem Resümee der bisherigen Fortschritte deutlich heraus. Die Projektgruppe unter der Leitung der Schaumburger Landschaft sei Vorbereiter, nicht jedoch Entscheider. Es ginge an diesem Abend nicht darum, über einzelne Vorschläge abzustimmen.
Zur ersten Einführung auf das Thema "Standort und Gestaltung" zeigte Dr. Günter Schlusche in einem Fachvortrag Beispiele für Erinnerungsprojekte, Mahn- und Denkmale in Deutschland und Europa. Zum Ende fasste er sieben Kennzeichen zusammen, die auch für den Landkreis Schaumburg wichtig werden können. Das heutige Gedenken sei "post-heroisch" und befasse sich auch mit den Opfern aus anderen Ländern. Zudem hätten sich Räume und Standorte von monumental zu öffentlich und alltäglich gewandelt. Die Formen des Gedenkens seien vielgestaltig und oftmals dezentral. Dazu trete die skulpturhafte Denkmalstradition zugunsten abstrakter und alltagsbildlicher Darstellungen in den Hintergrund. Der authentische Ort erfähre eine Neubewertung und der Bezug zum Individuum stehe im Vordergrund. Ein Projekt arbeite heute weniger mit fertigen Bildern sondern aktiviere den Einzelnen zur Auseinandersetzung.
Viele dieser Punkte hatte Jürgen Lingner bereits in seinem "Baustein ehemalige Synagoge" umgesetzt. Für ihn sei die Synagoge in Stadthagen der "einzig mögliche Ort" für den Standort des Erinnerungsprojektes. Auf recht kleinem Raum müssten die drei Komponenten "Information und Dokumentation", "Lernen" und "Gedenken" vereint werden. Die Sammlung von Daten gehöre ebenso dazu wie die Darstellung einzelner Schicksale. Auch der Widerstand vor Ort sollte berücksichtigt werden. Die Synagoge sei ein Ort, an dem ein gänzlich anderer Unterricht stattfinden kann. PC-Arbeitsplätze böten Schülern die Möglichkeit, vor Ort zu arbeiten. Auf das Gedenken legte Lingner besonderen Wert und empfahl die Überlegung, die Opfer namentlich aufzuführen. Zudem gäbe es bereits Überlegungen, eine Menorah zu erstellen, sodass ein bedeutendes jüdisches Symbol in die Synagoge Einzug halten könnte.
Sich damit erst 70 Jahre nach der Reichsprogromnacht auseinanderzusetzen sei zwar spät, sagte Linger "aber nicht zu spät".
Foto: ih