1. Gymnasiallehrer beziehen Stellung

    Auf dem Niedersächsischen Philologentag diskutieren Deligierte über Zukunft der Gymnasien

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    STADTHAGEN. Der Ortsverband Stadthagen des Philologenverbandes Niedersachsen schlägt Alarm: Alle Gymnasien des Landes seien von der Schließung bedroht, wenn die Forderungen von SPD und Grünen nach einer für alle Schüler verpflichtenden Einheitsschule Wirklichkeit werden sollten. So stehe es schwarz auf weiß in den bildungspolitischen Programmen dieser Parteien, erklärten die Lehrkräfte Schwarz, Schmidt (beide Wilhelm-Busch-Gymnasium) und Speck (Ratsgymnasium), die als Delegierte am diesjährigen Niedersächsischen Philologentag in Goslar teilgenommen haben. Auch die Gymnasien in Stadthagen könnten dann in wenigen Jahren ernsthafte Probleme bekommen.

    Angeblich solle mit der neuen "Gemeinsamen Schule" für alle alles besser werden, führten Schmidt und Speck weiter aus. Den Eltern werde ein pädagogisches Paradies versprochen. "Aber zwischen der beliebig optimierten Theorie und der Praxis bestehen gewaltige Unterschiede", so Schwarz. Tatsache sei, dass bei den bisherigen Leistungsvergleichen in Deutschland das derzeitige gegliederte Schulwesen deutlich besser abgeschnitten habe als die Gesamtschulen, obwohl diese durchweg besser ausgestattet seien. Beim PISA-Leistungstest etwa seien die Bundesländer Bayern, Baden-Württemberg und Sachsen mit ihrem leistungsorientierten gegliederten Schulwesen nicht nur die innerdeutschen Sieger, sondern auch international in der Spitzengruppe. Dagegen seien Länder wie Nordrhein-Westfalen, Brandenburg und Bremen mit Hunderten von Gesamtschulen die Schlusslichter und international in bedenklicher Nähe zu Entwicklungsländern. Auch hätten viele Gesamtschulländer, wie die USA, Italien, Spanien und Norwegen beim PISA-Test schlechter abgeschnitten als Deutschland. Das vielfach als Vorbild genannte Finnland verdanke seine Spitzenposition keineswegs der Gesamtschulstruktur, sondern einer kostenintensiven individuellen Förderung, überschaubaren Schulen, kleineren Klassen und dem Fehlen einer bildungsfernen Einwandererschicht.

    "Die Eltern vertrauen dem gegliederten Schulwesen und schicken ihre Kinder weitgehend auch dort auf Gymnasien, Realschulen und Hauptschulen, wo ein umfangreiches Gesamtschulangebot zur Verfügung stehe. So besuchten etwa in Hannover 91 Prozent der gymnasialempfohlenen Schüler ein Gymnasium und nur neun Prozent eine Gesamtschule. Da die Eltern sich bei freier Wahl nicht für die Einheitsschule entschieden, solle diese nach dem Willen von Rot-Grün nun zwangsweise eingeführt werden.

    Schmidt, Schwarz und Speck warfen insbesondere der SPD vor, die Eltern und die Öffentlichkeit über ihr klar ausgesprochenes Endziel einer Zwangs-Einheitsschule für alle zu täuschen, weil sie um deren Unpopularität wüssten.

    So sei in den "weichgespülten" Wahlkampfbroschüren nur davon die Rede, dass man die Eltern "überzeugen" wolle und die neuen Einheitsschulen vorerst nur dort eingeführt werden sollten, wo Eltern dies wünschten. Dabei werde verschwiegen, dass dies nur für eine Übergangszeit gelte und die "Überzeugungsarbeit" in einer Agitationskampagne mit unseriösen pädagogischen Heilsversprechungen und fragwürdigen Befragungen sowie einer ausgeprägten BevorzugungFoto der neuen Einheitsschule bestehen solle. Während dieser Übergangszeit solle es aber in allen Schulen des Landes kein Sitzenbleiben und kein Abschulen mehr geben. – Wie eine erfolgreiche Arbeit in den Schulen dann aussehen könne, dazu schwieg Frau Hendricks, die nach der Landtagswahl im Januar Kultusministerin in einer SPD – geführten Landesregierung werden soll.

    Im Übrigen seien Aussagen in dem SPD-Bildungsprogramm wie "Das gegliederte Schulwesen kann keine Perspektive für unsere Jugend bieten" nicht nur sachlich falsch, sondern ein Affront gegenüber Tausenden von Lehrkräften, die täglich in den Schulen des gegliederten Schulwesens unter schwierigen Bedingungen erfolgreiche Arbeit leisteten.

    Der Philologenverband habe, zu Recht an SPD und Grüne appelliert, zur bildungspolitischen Vernunft zurückzukehren und pragmatisch an einer besseren Schulqualität im Interesse der Kinder mitzuarbeiten.

    Die Mehrzahl der Politiker von SPD und Grünen, darunter auch sehr prominente, schickten ihre Kinder ohnehin auf Schulen des gegliederten Schulwesens oder auf Privatschulen und machten um das Gesamtschulangebot einen weiten Bogen. Da werde öffentlich Wasser gepredigt und heimlich Wein getrunken.

    Aber auch an die jetzige CDU-FDP-Regierung richteten Niedersachsens Gymnasiallehrer klare Forderungen: In Klassen mit 30 Schülern jeden einzelnen individuell zu fördern, sei ein Ding der Unmöglichkeit, so die Stadthäger Delegierten. Ferner bräuchten die Schulen nach der Fülle tief greifender Neuerungen endlich eine Pause, um die Reformen in Ruhe umsetzen zu können.

    Die Delegierten begrüßten es, dass Kultusminister Busemann in Goslar eine schrittweise Senkung der Klassenstärken in den nächsten Jahren und ein Ende des "Reform-Stakkatos" angekündigt habe.

    Unzufrieden sind die Gymnasiallehrer auch mit ihrer Einkommenssituation. Die niedersächsischen Beamten und damit auch die Lehrer hätten in den letzten Jahren einen Realeinkommensverlust von fast 20 Prozent hinnehmen müssen.

    Dies sei nicht nur ungerecht, sondern lasse auch eine Abwanderung des Berufsnachwuchses in besser bezahlende Bundesländer und in andere Berufe befürchten. Foto: privat

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