LAUENAU (al). Mit einer Ausstellung im benachbarten Messenkamp feiert der Lauenauer Brieftaubenzuchtverein "Süntelbote" sein 50-jähriges Bestehen. Mehr als 150 Tiere werden erwartet. Sie kommen aus den sechs Vereinen der Reisevereinigung Deister/Süntel. Im Mittelpunkt aber werden für eine kleine Feierstunde die Zuchtfreunde aus dem Flecken stehen. Auf die Gründer wartet eine Ehrung; zugleich hat der Regionalverbandsvorsitzende sein Kommen zugesagt.
Faszination Taube: Der Vorsitzende der Reisevereinigung, Herbert Wanderer, erläutert jungen Ausstellungsbesuchern Beschaffenheit und Intelligenz der Tiere.
Einer der ersten Männer damals wie auch heute ist Paul Klingenberg. Der heute 73-Jährige hat in der gesamten Zeit neben der Betreuung seiner Tiere in den unterschiedlichsten ehrenamtlichen Funktionen gewirkt: über drei Jahrzehnte Vereinsvorsitzender, lange Zeit verantwortlich in der Reisevereinigung und schließlich auch engagiert an der Spitze des Bezirksverbands. Schon mit zwölf Jahren entdeckte er für sich die Welt der Tauben: "Wie von einem Virus infiziert" beschreibt er das damalige Erlebnis. Das war 1946 – in einer Zeit als sogar noch für Menschen Lebensmittel knapp waren. "Ich habe Ähren auf dem Feld gesammelt, um meine ersten Tiere überhaupt füttern zu können", erinnert er sich noch heute. Jahre später nahm der junge Mann noch ganz andere Mühen auf sich. Mitten in der Nacht brach er auf, um mit dem Fahrrad seine Vögel und die einiger Züchterfreunde nach Bad Münder zu bringen, weil sie dort am frühen Morgen als gemeinsame Bahnfracht zu den Startplätzen transportiert werden sollten.
1957 gründete er dann mit einigen Kameraden den Verein "Süntelbote". Selten war die Gemeinschaft größer als 16 Mitglieder; die Zahl der Aktiven mit Wettkampfbeteiligung blieb meist noch geringer. Anderen Vereinen erging das ähnlich. Schon 1925 hatte sich eine Gruppe in Bad Münder gefunden; 1965 folgten Böbber, 1971 Hamelspringe und Pohle. Das Interesse, das Brieftauben zum Beispiel im Ruhrgebiet zukommt, entwickelte sich nie. Dort ist die Zucht gewissermaßen ein Volkssport.
Vielleicht liegt das am Aufwand, den die Freunde der Federtiere zu betreiben haben. Es ist nicht nur das Futter und eine stabile Behausung. Als arbeits- und kostenintensiv erweist sich das Flugtraining. Züchter lassen Jungtiere noch in Nähe zum Wohnort aufsteigen. Der Wettkampf um Punkte aber erfolgt auf Reisen über Hunderte von Kilometern. Dann muss ein Spezialfahrzeug zum Startplatz fahren. Eigens dafür sind Reisevereinigungen gegründet worden. Die hiesige Gemeinschaft "Deister/Süntel" hat gerade erst einen modernen Anhänger beschafft, der die Tauben sicher und artgerecht bis nach Süddeutschland, in die Schweiz und später sogar nach Südfrankreich bringr.
Vögel aus Klingenbergs Schlag sind immer dabei. 32 "Reisetiere" und sechs Zuchtpaare werden das ganze Jahr über gefüttert. Wenn im späten Frühjahr der Nachwuchs in den Nestern krabbelt, erhöht sich der Bestand auch schon auf bis zu 90 Schnäbel. Ob eine oder mehrere Tauben diesmal wieder prädikatverdächtig sind, klärt sich erst an diesem Sonnabend. Erst bestimmt eine Jury über die Schönheitskonkurrenz, während im Verein bereits die bei Fernflügen gesammelten Punkte errechnen. Am Sonnabend, 29. Dezember, können dann über 150 Tiere betrachtet werden. Besucher dürfen sich außedem zwischen 11 und 18 Uhr auf Kaffeetafel und Tombola freuen. Wer vielleicht selbst einmal eine Zucht beginnen möchte, hofft auf die Verlosung von Tauben. Um 14 Uhr aber beginnt ein kleiner Festkommers. Dann stehen für eine Weile nicht Tiere im Mittelpunkt, sondern die Menschen, die sich seit jeher ihrer Zucht und Pflege verschrieben haben.
Foto: al