STADTHAGEN (mk). Immer wieder wird über das Thema Nationalsozialismus rege diskutiert und immer wieder gibt es gerade in Bezug auf die aktuelle Entwicklung neue, interessante Erkenntnisse. Anlässlich der Reichspogromnacht am 9. November 1938 hatte das Kommunikationszentrum "Alte Polizei" im Rahmen ihrer Reihe "Dialog aktuell" zu einem Vortragsabend mit dem Journalisten André Aden, Mitarbeiter der Medienagentur "Recherche Nord" eingeladen. Dieser befasst sich seit Jahren intensiv mit der Szene der Neonazis und betonte, dass man gängige Klischeebilder von Rechten mit Glatze und Springerstiefel aus dem Kopf bekommen müsse.
Im benachbarten Ausland sind die Symbole der NS-Zeit nicht verboten, so André Aden, daher finden hier viele Aufmärsche statt.
Neonazis treten mittlerweile in drei verschiedenen Formen auf. Da gibt es zum einen die politische Ebene mit den Republikanern und aktuell der NPD. Deren Anhänger wollen eine Machtübernahme auf parlamentarischem Wege erreichen, dass heißt, sie wollen sich erst wählen lassen, um dann den Umsturz durchzuführen. Die Mitglieder treten seriös auf und schaffen es auch immer wieder, den Sprung in kommunale Parlamente zu schaffen. Des weiteren gibt es die freien Kameradschaften.
Diese gibt es in den unterschiedlichsten Varianten, angefangen bei wenigen Freunden, die sich zum Biertrinken und Musikhören treffen, bis hin zu Wehrsportgruppen, die für den Ernstfall trainieren oder sogar Anschläge durchführen. Als jüngstes Beispiel nannte Aden die Kameradschaft München, die einen Anschlag anlässlich der Einweihung einer Synagoge geplant hatten. Die Kameradschaften streben einen außerparlamentarischen Umsturz an, sie wollen eine Revolution. Auf Schulungen wird den jungen Anhängern suggeriert, dass diese bereits in zehn bis 15 Jahren stattfinden wird - und junge Neonazis glauben fest daran. Darüber hinaus gibt es noch die autonomen Nationalisten, die sich stark am Kleider- und Musikkodex der linken Antifa-Bewegung orientieren. Es gibt sie schon seit 15 Jahren, sind aber erst in den letzten zwei Jahren wieder modern geworden. Bekleidet mit schwarzen Kapuzenpullis oder Palästinenser-Tüchern sind sie von den Linken kaum noch zu unterscheiden. Einige behaupten sogar, sie seien gar keine Faschisten, sondern die Anderen und kopieren sogar die Zeichen der Antifa-Bewegung. In der Szene herrscht keine Einigkeit und so kommt es teilweise sogar zu Auseinandersetzungen untereinander.
Es ist laut Aden daher nicht so einfach, sich einen Überblick über die Szene zu verschaffen, die für ihre Aufmärsche auch in das benachbarte Ausland ausweicht, weil hier die Symbole der NS-Zeit nicht verboten sind. Doch man müsse sich bewusst machen, dass die alten Klischees nur noch teilweise zutreffen und die rechte Scene auf unterschiedlichste Weise versucht, die Demokratie zu untergraben. Foto: mk