STADTHAGEN (ih). Horst Hirschler, Abt des Klosters Loccum, hat in der vergangenen Woche einen Vortrag in der St. Martini-Kirche gehalten. Viele Zuhörer hatten sich eingefunden, einer der wohl schwierigsten Fragen der Menschheit auf den Grund zu gehen: "Was ist der Mensch?" hieß es in der dritten Veranstaltung der Reihe "Schöpfung". Horst Hirschler fand in seinem Vortrag die richtigen Worte, schwierige Inhalte verständlich zu übermitteln. Und doch traf die Zuhörer ein inhaltlich dichter Vortrag. Hirschler begann mit einem Text, den er vor 30 Jahren im Urlaub geschrieben hatte. Dort faszinierte Hirschler der "hinreißende Himmel" voller Sterne über Dänemark. Bis heute habe der Sternenhimmel seine Anziehungskraft auf Hirschler nicht verloren, obwohl naturwissenschaftlich fast alle Phänomene erklärt seien. Hirschler ging der Frage nach, was der Mensch in diesem Zusammenhang sei. Dabei beschäftigte er sich mit den Wissenschaften und der Frage nach Gott. Er habe die Erfahrungen gemacht, dass die Wissenschaftler sich damit nicht beschäftigen.
Doch auch wenn vieles erklärbar sei, warf Hirschler die Frage auf, ob es nicht noch mehr geben könnte. Am Beispiel eines Käfers, der auf einer Kugel lebt, wurde der Abt deutlicher. Der Käfer wisse gar nicht, dass er auf einer Kugel sei und kenne die dritte Dimension nicht. Könnte es nicht sein, dass es den Menschen ähnlich erginge? Er beantwortete die Frage nicht, stellte aber eine durchaus provokative These auf: Wer sich der Frage nach dem Geheimnis seines Ich nicht stellt, lebt unter seinem menschlichen Niveau. Im zweiten Teil nahm Hirschler die Zuhörer mit seiner eindrücklichen Stimme mit in den Psalm acht. Der Beter stehe unter dem großen Himmel und erlebe sich selbst darin. "Was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst" fragt der Beter in den leeren Raum hinein. Und sucht damit das Gespräch mit Gott. Häufig höre Hirschler die Behauptung "Ich bete nie". Doch darauf frage er jedesmal zurück: "Fluchen Sie denn gar nicht?" Auch das sei ein, zugegebener Maßen, etwas negatives Gespräch mit Gott. Für die Menschen müsse alles eine erklärbare Ursache haben, dabei sei die Spezies Mensch selbst durch "einen Zick-Zack-Kurs des Geschehens der Welt" entstanden. "Das Wesen ist durch den Zufall geworden, aber: Ich kann über das Ergebnis staunen".
"Wir wissen ja die dollsten Dinger." Abt Horst Hirschler referiert in der St. Martini Kirche.
Im dritten Teil "Von der Freiheit eines Christenmenschen" brachte es Hirschler dann auf einen Punkt. Im Angesicht des unendlichen Weltraums kann der Mensch staunen oder verzweifeln. Kriege, Krankheit und Tod sind nur wenige Schlagworte, die jeden Einzelnen nach dem Warum fragen lassen. Der Glaubensgrund sei aber Jesus, denn er hat in letzter Konsequenz Gott nicht verstanden.
Er hatte selbst Teil an der Erfahrung des verborgenen Gottes. Hirschler schloss mit der These, dass der "Grund unserer Freiheit diese Erfahrung ist". Der Mensch könne sich darauf verlassen, dass er gewollt sei. Musikalisch wurde der Vortrag vom Probsthäger Chor "Kreuz & Quer" unterstützt. Die Sänger um Mathias Goedecke schafften nach dem tiefgreifenden Vortrag Raum für eigene Gedanken. Denn Horst Hirschler stand den Zuhörern für ihre Fragen zur Verfügung. Foto: ih