RODENBERG (ro). "Hallo Manni! Wieviel Seiten machen wir heute?" Man braucht ihn noch nicht zu sehen - jeder in der Redaktion und im Layoutbereich des Verlagshauses Oppermann kennt die Stimme: Walter ist da. Auch sechs Jahre nach seinem Ausscheiden als Redaktionsleiter gehört Walter Münstermann noch immer zum Team, schreibt freiberuflich weiter für das Schaumburger Wochenblatt und schaut so selbstverständlich wie am Freitag, an jedem Produktionstag vorbei. Kurzen Termin- oder Berichtsabsprachen folgen die kleinen Gespräche am Rande. Seine Beliebtheit öffnet dabei sämtliche Türen quer durch alle Generationen. Er hat einfach das Gespür für den Menschen - besitzt die wichtige Gabe des Zuhörens und erkennt vor allen Dingen auch die leisen Zwischentöne. Trotz vieler leitender Positionen in seinem Leben vergaß er nie die Menschlichkeit - und noch wichtiger: Er stand stets vor seinen Mitarbeitern. Besaß Verständnis für die kleinen Schwächen des Lebens. Fehler zu machen, davon war er überzeugt, gehört zu jedem Tagwerk.
Adios Walter!
Perfektion zu erreichen war nie sein oberstes Gebot. Dafür verstand er es bestens auch im Chaos nie den Überblick zu verlieren. Dies erleichterten die vielen Berufsjahre in Südamerika. Er hatte es verstanden, die dort stets verlangte spontane und kreative Lösung von Problemen nach Europa mitzunehmen. Dazu kam seine Eigenschaft, ein gestecktes Ziel mit Geduld und Ausdauer stets zu erreichen.
Diese Persönlichkeitsmerkmale und Eigenschaften, die den erfolgreichen und flexiblen Berufsweg ermöglichten, zeigten sich bereits in seiner Kindheit und Jugendzeit in Rodenberg. Offenheit und Neugierde, das Bewahren des Kindes im Manne und die Freude am Feiern prägten seinen Werdegang. Fremdsprachen begeisterten früh den Lerneifer des Bad Nenndorfer Gymnasiasten. 1951 begann Münstermann eine Ausbildung bei Pelikan in Deutschland und der Schweiz. Die Schwerpunkte lagen dabei im Marketing und Verkauf, Schwerpunkt Export nach Lateinamerika. Die Kenntnis der spanischen Sprache eröffnete besondere berufliche Chancen. Mit einer Propellermaschine flog er 1957 einem neuen und prägenden Lebensabschnitt entgegen. Er arbeitete mit an einer Marktanalyse für Mexiko. Von 1962 bis 1982 war er als Direktor bei Pelikan in Mexiko tätig. Unter seiner Führung entwickelte sich "sein Baby" blendend. Das von ihm aufgebaute Werk verzeichnete stetig steigende Umsatzzahlen. Als Direktor pflegte er ein gutes Verhältnis zu den Gewerkschaften. Während seiner 25-jährigen Führung gab es keinen einzigen Streiktag unter den Angestellten - ein Novum in Südamerika. Als das Unternehmen 1987 dann an eine europäische Supermarktkette verkauft wurde, trennten sich die Wege.
Die mexikanische Menschenwärme, Kultur und Musik konnte er nie vergessen. Immer wieder übermittelte er spannende Reiseberichte in die Heimat, die stets Veröffentlichung in der Schaumburg-Deister-Zeitung fanden. Schon in den Lehr- und Studienjahren hatte er für die Heimatzeitung nebenberuflich Artikel verfasst.
So war es nicht weiter verwunderlich, das er nach seiner Rückkehr Ende der 80er Jahre die Redaktionsleitung des Schaumburger Wochenblattes und von Deister aktuell übernahm. Schnell integrierte er sich wieder in das Schaumburger Leben. Bereits 1988 nahm ihn die Rodenberger Martini Loge in ihren exquisiten Kreis auf. Heimat hatte er nun wiedergefunden.
Geschichte avancierte nebenbei zu einem seiner Steckenpferde. "Heimatforscher" ist ganz regional gesehen sicher nicht zu hoch gegriffen. In Bad Nenndorf half er mit, das Archiv zu ordnen. Arbeitete mit einer kleiner Gruppe um die Bad Nenndorferin Ingrid Groth an einer geschichtlichen Auseinandersetzung über das Kurbad im 20. Jahrhundert. Das Dritte Reich spielte dabei eine zentrale Rolle. Interviews in Funk und Fernsehen waren für den einstigen Top-Manager dabei kein Neuland. In Vorträgen der Volkshochschule vermittelte er Interessierten seit Jahren Heimatgeschichte unter verschiedensten Ansatzpunkten.
Sein Heimathafen war die Familie - letztes Jahr feierte er mit seiner Ehefrau Lis die Goldene Hochzeit. Seine Frau war dabei stets der ruhende Pol in einem bewegten und erfüllten Leben. Beide düsten schon mal schnell um die Welt, um die Familienbande nicht zu lockern. Eine Tochter lebt in Kolumbien, eine in Mexiko, die beiden Söhne in Deutschland. Für die Enkel ließ Opa Walter natürlich immer ein Zeitfenster offen. Obwohl er von Ruhephasen ansonsten eigentlich wenig hielt.
Pläne hatte er immer parat. So kam er am Freitag mit einem neuen Auftrag in der Tasche in die Redaktion. Den ganzen Vormittag hatte er mit dem Rodenberger Stadtdirektor Uwe Heilmann über die Fortschreibung der örtlichen Chronik konferiert. Nun wird diese nicht leichte Aufgabe ein anderer fortführen müssen. Doch eines ist sicher. Irgendwann wird ein Kapitel darin Walter Münstermann gehören.