1. Nach sechs Wochen Segelschiffsreise

    Schaumburger Auswanderer schildert seine neue Heimat, 2. Teil

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    RODENBERG (wm). Der Brief, den der Auswanderer Fred Bartels im Jahr 1848 an seine Verwandten in Soldorf schrieb und von dem wir einen ersten Teil veröffentlicht haben (in Auszügen und leicht gekürzt), setzt zunächst die Beschreibung von Haus und Landwirtschaft in Schaumburg-Illinois fort:

    Frühes Einwandererfoto (Museumsbild), aber später als 1850.

    Zu Hause sah es aus wie damals in Schaumburg.

    "Die Höfe werden nun so angelegt, dass jeder auf dem seinigen wohnt, somit sein Land rund um sich hat und nicht wie in Deutschland stundenweit nach ein oder zwei Morgen hinziehen muss. Was ein einzelner Mann hier bearbeiten kann, das werdet Ihr vielleicht begreifen, wenn ich Euch sage, dass hierzu Maschinen gebraucht werden. Zum Mähen des Getreides bedient man sich einer Maschine, welche von Pferden gezogen wird und wozu zwei Mann nötig sind. Eine Dreschmaschine, welche 300 Dollar kostet, habe ich mir mit Böger gemeinschaftlich angeschafft."

    Fred Bartels war bei der Abfassung seines Briefes offensichtlich im ersten Jahr drüben, denn er fügt an: "Der verflossene Winter war sehr gelinde und dieses Frühjahr ist angenehm. Es soll indessen, wie ich hörte, im Sommer hier etwas wärmer sein (als in Deutschland). Übrigens ist es hier durchaus gesund und von Krankheit hört man wenig. Es ist eine Torheit, wenn Leute, die nach Amerika auswandern, sich mit großen, schweren Kisten voll Kleidungsstücken belasten. Das deutsche Zeug ist hier nicht angebracht, es sei denn nach Stadtmanier gemacht.

    Ich habe einen fertigen Platz gekauft. Und etwas von Böger, der sich aber gleich wieder bei mir eingekauft hat. Ich habe 100 Acker Land, welches alles um mein Haus liegt, so dass ich auf der einen Seite mein Acker- und Wiesenland und auf der anderen meine Weide vor Augen habe. Außerdem 7 Acker (acres) dichtbewaldetes Holzland, meistens Eichen." Bartels hält beispielsweise 18 Stück Vieh und 3 Joch Zugochsen. Was er noch an Geld besitzt, hat er zu 10 % Zinsen ausgeliehen.

    "Da wir uns hier nicht mit Düngen und Dreschen zu quälen brauchen, so haben wir kommode Tage, und dabei gibt es die beste Kost. Für die Regierung brauchen wir uns Gott sei Dank auch nicht abzuarbeiten, denn hier ist kein König, kein Fürst und kein Edelmann. Die Menschen sind hier alle Brüder - und einer ist dem anderen gleich. Die wenigen Abgaben, die wir alle Jahre einmal bezahlen, sind nicht des Nennens wert und betragen hier für den reichsten Bauern einige Taler.

    Vom Ablösen des Zehnten und der anderen ungerechten Lasten wissen wir hier natürlich nichts. Auch kann hier ein jeder mit seinem Eigentum machen, was er will, und braucht nicht erst die Obrigkeit, die es eigentlich auch nichts angeht, zu fragen. Auch fehlt es uns nicht an dem, was zur Seligkeit nötig ist, denn wir haben hier eine evangelisch-lutherische Gemeinde, die aus 46 deutschen Familien, meistens Hessen, besteht (gemeint sind Grafschaft-Schaumburger). Wir haben eine deutsche und englische Schule und jeden Sonntag und am Festtag Gottesdienst, ganz so wie in Deutschland. Im verflossenen Sommer haben wir eine neue Kirche gebaut, die zwar noch nicht ganz fertig ist, worin aber doch schon Gottesdienst gehalten wird.

    Dass ich unter allen diesen Umständen mit meiner Auswanderung zufrieden bin, brauche ich wohl nicht erst zu sagen. Ich wollte, ich wäre schon 10 oder 20 Jahre eher nach Amerika gezogen. Ich würde um keinen Preis nach Deutschland zurückkehren. So sehr gefällt es mir hier, dass ich nicht mit dem größten Hofe im Hessenlande tauschen möchte.

    Nun lebt recht herzlich wohl. Wenn uns auch Meere trennen, lasset uns doch in brüderlicher und schwesterlicher Liebe zugeneiget sein." Bartels mit Frau und Kindern grüßen unter anderen "unsere Mutter, Schwager und Schwägerinnen zu Reinsdorf",. Er bemerkt noch; "dass Friedrich Hansing geheiratet hat, dem Kölling seine Schwester von Groß Hegesdorf, und hat sich 80 Acker Land gekauft."

    Der nächste Schaumburg-Illinois-Besucher sollte sich einmal umsehen, ob er Fred Bartels´ Grab entdecken kann; die Menschen seiner Generation sind dort entweder an der lutherischen Kirche oder an der Rodenberg Road bestattet. Foto: wm/pr

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