1. "Heute muss die Glocke werden"

    Gemeindegruppe aus St.Jacobi beim Glockenguss / Am 6. Oktober kommt die Glocke in den Ort

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    RODENBERG (wm). Zwei der drei neuen Glocken für den Turm von Sankt Jacobi sind gegossen. Wie es auf den ersten Blick scheint, mit Erfolg. Erst nach weiteren zehn Tagen Abkühlung kann man das Gelingen endgültig erkennen. Eine Gruppe aus der Gemeinde ließ es sich nicht nehmen, zum Glockenguss nach Karlsruhe zu fahren; mit Hin- und Rückweg ein Dreitagesausflug in eigenen Autos.

    Bei der Glockengießerei A. Bachert warteten an dem Freitag Abordnungen aus drei weiteren Gemeinden. Sieben Glockenformen standen gussfertig eingegraben (festgemauert in der Erden, wie Schiller es beschrieb) - aber es war gar nicht sicher, ob die Rodenberger den Guss ihrer eigenen miterleben würden. Sie hatten Glück, ihre tonnenschwere e- und die kleinere gis-Glocke waren dabei. Die h-Glocke kommt noch an die Reihe. Für das neue Geläut sind über 80.000 Euro zusammengekommen, allerdings auch zur Deckung von allerlei Begleitkosten des großen Unterfangens.

    Als die Rodenberger eintrafen, verbarg sich das Wichtigste schon unter festgestampfter feuchter Erde, nämlich "die Form aus Lehm gebrannt". Wie denn überhaupt die Glockenherstellung immer noch Handarbeit ist und die Abläufe sich wenig von dem unterscheiden, was Friedrich Schiller damals sah. In der Grube steht eine dreiteilige Form: ein gemauerter Kern, ein Mantel aus Lehm, dazwischen die "falsche Glocke" - eine Schicht, die man vor dem Gießen entfernt, damit die Bronze in diesen Hohlraum hineinfließt. Nach alten Rezepturen wird der Lehm mit Stroh, Kälberhaar und Pferdemist versetzt! Ständig müssen die Konturen mit einer Schablone überprüft werden, die Wandstärke beeinflusst den Klang! Besondere Künste erfordern die Zierinschriften und die Aufhängekrone. Das alles war also schon getan.

    Nun erlebten die Besucher den dramatischen Moment, wie der Zapfen in den 1000-Grad-Ofen hineingestoßen wurde und die Legierung aus Kupfer und Zinn - schon einen Tag lang über Holzkohle erhitzt - in die Gießkanäle rann. Sie sahen die Proben aus dem glühenden Schwall, die Regulierung seines Fließens. Sengende Hitze, Lärm, Staub. Dazu der Rauch vom Abfackeln des Gas-Luftgemischs, das aus den Hohlräumen entwich. Die Rodenberger hatten sich das nicht so vorgestellt und waren tief beeindruckt. Eine halbe Stunde dauerte alles, Gebet und Gesang gehören traditionell dazu. Erleichtert vernahmen sie das erste Urteil des Fachmanns: "Alles hervorragend gelaufen!"

    Wenn nun die Glocken abgekühlt sind, wird die noch dampfende Erde schichtweise weggeräumt und der Lehmbelag der Glocken abgeklopft. Dann kommt wieder ein spannender Augenblick: Stimmt der Ton? Danach wartet eine unendliche Geduldsarbeit: Ein Spezialist befreit die Glocken von den vielen kleinen Graten und sorgt für den letzten strahlenden Glanz. Die Gruppe aus der St.Jacobi-Gemeinde machte sich am Morgen nach dem Guss auf den Heimweg, picknickte zufrieden und freute sich auf den 6. Oktober, wenn Jürgen Wulf das Geläut auf dem Anhänger durch die Stadt fahren wird. Foto: privat

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