1. Das Leben ist doch kein Ponyhof

    Ponyclub Minden steht vor dem Aus / Bauamt muss die Schließung fordern

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    MINDEN (jh). Es ist acht Uhr morgens. Anke Bitici hat gerade die Pferde hinter ihrem Haus mit frischem Heu und Wasser versorgt. Seit 46 Jahren lebt sie hier. Tiere und Landwirtschaft gehörten schon immer zu ihrem Leben dazu. "Mein Großvater hat hier Schweine und Ziegen gehalten. Irgendwann hat er jedoch die Landwirtschaft abgemeldet", erzählt Anke Bitici. Wie sich erst viel später herausstellen sollte, ist dies ein Fehler gewesen, der ungeahnte Folgen für den Ponyclub Minden mit sich brachte. Mit acht Ponys und zwei Großpferden betreibt Anke Bitici seit zehn Jahren den Ponyclub Minden. "60 Kinder und Jugendliche kommen zum Reiten und Pferdepflegen hier her. Auch Kinder mit Behinderungen, wie dem Down-Syndrom oder oder ADHS werden hier im therapeutischen Reiten betreut", sagt Bitici. Ein wirtschaftliches Interesse verfolgt sie mit ihrem Reitbetrieb seit 2017 nicht mehr: "Lediglich aufgrund der Gemeinschaft und der Liebhaberei habe ich den Betrieb weitergeführt. Der Hof trägt sich geradeso selbst." Hinter dem Grundstück und hinter dem Reitplatz wohnt ein Nachbar. Vor zwei Jahren gab es einen großen Streit, der sich um ein Beet an der Grundstücksgrenze und eine Katze, die den Besitzer wechselte, drehte und immer weiter ausuferte. "Seitdem ist hier nichts mehr, wie es einmal war", sagt die Betreiberin des Ponyclubs und deutet in Richtung des Nachbarhauses, das hinter hohen Hecken zu sehen ist. Im Mai dieses Jahres bekam Anke Bitici Besuch vom Umweltamt. Grund: Der Pferdemisthaufen hinter dem Stall stehe im Verdacht, das Grundwasser des Nachbarn zu verunreinigen. "Alle zwei Tage fahre ich den Mist zu einem Großbauern. Es kann also kaum möglich sein, dass hier das Grundwasser verunreinigt wird", sagt Bitici. Auch das Umweltamt konnte keine Gefährdung desselben feststellen und bat Anke Bitici lediglich darum, den Misthaufen mit einer Plane abzudecken. Kaum einen Monat später bekam Bitici einen Anruf vom Bauamt der Stadt Minden. Es lege eine Anzeige gegen die Nutzung des Grundstücks als Pferdebetrieb vor. Gesetzlich muss eine "aktive Landwirtschaft" angemeldet sein. "Wenn dies nicht der Fall ist, ist man nicht dazu privilegiert, Pferde auf dem Privatgrundstück zu halten", erklärt Bitici. Allein im Mühlenkreis sind von diesem Gesetz mehrere Hundert Pferdebesitzer betroffen, die gar nicht ahnen, dass sie wohlmöglich "illegal" Pferde auf ihrem Grundstück halten. Dieses "Vergehen" wird vom Bauamt allerdings nur dann verfolgt, wenn eine Anzeige vorliegt. Im Fall von Anke Bitici ist dies nun eingetreten, sodass das Bauamt gezwungen ist, zu handeln. Nur mit einem gemeldeten landwirtschaftlichen Betrieb, wäre für den Ponyclub die Berechtigung da gewesen, Unterstände und Hütten für die Pferde zu bauen. Von Seiten des Veterinäramtes liegt dem Ponyclub jedoch eine Genehmigung von Mai 2017 vor, die besagt, dass "ein gewerbsmäßiger Pferdebetrieb unterhalten werden darf". "Es weiß also anscheinend noch nicht einmal das Veterinäramt von dem besagten 'Landwirtschaftsgesetz'", bemängelt Bitici. Anke Bitici holt das Pferd ihrer Tochter Leonora aus dem Stall und führt es auf die Weide. "Meine Tochter wollte gerne das Reitprojekt mit den Kindern hier weiterführen", sagt sie. Die Hündin Saki folgt ihr bis zum Zaun und trottet dann zurück zum Pferdestall. "Es kommt mir inzwischen fast schon nicht mehr darauf an, wie die Sache hier bei mir ausgeht. Dieses veraltete Gesetz muss geändert werden. Pferde sind längst keine landwirtschaftlichen Tiere mehr, sondern Hobby und Freizeitbeschäftigung", meint Bitici. Um dieses Gesetz zukünftig zu verändern, hat Anke Betici eine Petition aufgesetzt. "Rettet den Ponyclub" heißt sie. 3.000 bis 5.000 Unterschriften seien nötig, um die Petition in Nordrhein-Westfalen vor den Petitionsausschuss zu bekommen und damit das Gesetzt im Landtag zum Thema zu machen. Die Stadt Minden lässt verlauten, sie habe kein Interesse daran, den Ponyclub dicht zu machen. Das Bauamt sei durch das bestehende Gesetz aber dazu gezwungen, den Pferdebetrieb zur Schließung aufzufordern. "Uns ist jetzt eine Frist von sechs Monaten gegeben worden, alles abzubauen und unsere Pferde abzuschaffen. Wir werden definitiv nicht aufgeben, aber es wird sehr sehr schwierig", sagt Anke Bitici. Als sie das sagt, ist ein leichtes Zittern ist in ihrer Stimme zu hören. "Auch für die Kinder fände ich es einfach schade", betont sie. 60 Kinder verlieren dann ihre geliebten Ponys. Foto: jh

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