1. "Noch ist die Zeit nicht reif dafür"

    Filmdreharbeiten auf Schloss Bückeburg zu 100 Jahren Frauenwahlrecht / Arbeitstitel: "Sie hatten keine Wahl"

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    BÜCKEBURG (jh). Die großen Fenster in der Gemäldegalerie des Schlosses sind von außen mit schwarzer Pappe fast vollständig verkleidet. Nur durch einen Schlitz am oberen Rundbogen dringt Sonnenlicht in den Raum ein. Der Regieassistent verteilt mit einer Nebelmaschine Wasserdampf und wedelt diesen mit einem Tuch durch die Luft. Sechs Frauen mit Hut, Kostümierung und einer Schärpe mit der Aufschrift "Votes for Women" warten vor der weißen Flügeltür auf ihren Einsatz am Set. Die Zeit ist zurück gedreht. Es ist Anfang des 20. Jahrhunderts in England, Standort: im Vorzimmer des Premierministers Herbert Henry Asquith. Die Frauenrechtlerin Emmeline Pankhurst, gespielt von Esther Schweins, marschiert hohen Hauptes in das Büro des Ministers ein, diskutiert und fordert das Wahlrecht für Frauen. Das Thema des Dokumentarfilms. Der vom WDR, NDR, Arte und dem Bayrischen Rundfunk in Auftrag gegebene Film, zeigt den Kampf vier starker Frauen. Sie kämpften für das politische Wahlrecht. "Wir filmen szenisch die wahren Begebenheiten der Revolution der Auflehnung der Frauen in Deutschland, England, Österreich und Frankreich. Im November 1918 erhielten Frauen in Deutschland das aktive und passive Wahlrecht. Wir feiern also in diesem Jahr mit diesem Film das 100-jährige Frauenwahlrecht", erklärt Aufnahmeleiter Jan Dobert. Neben Esther Schweins, spielen Johanna Gastdorf, Jeanette Hain und Paula Hans die weiteren drei weiblichen Hauptrollen. Mit 70 Personen, inklusive der Schauspieler und Komparsen, ist das Filmteam der Hamburger Produktionsfirma "Gebrüder Beetz" nach Bückeburg angereist. Die Dreharbeiten dauern vom 4. bis einschließlich den 17. April an. "Bückeburg bietet eine gute Kulisse. Wir haben auch auf dem Marktplatz, dem Jetenburger Friedhof, der alten Schule und im Schlossgarten gedreht", schildert Dobert. Nachdem sich Esther Schweins, alias Emmeline Pankhurst, mit den sechs weiteren Suffragetten im Büro des Premierministers demonstrativ breit aufgestellt hat, schließt der Bedienstete in schwarzem Frack mit Fliege die Flügeltüren. Mit gesenktem Kopf und hinter dem Rücken verschränkten Händen bleibt er dort stehen. Ein hell gelber Klebesteifen auf dem Holzparkett kennzeichnet seine genau gewünschte Position. "Eines Tages wird es das Frauenwahlrecht geben. Noch ist die Zeit nicht reif dafür", donnert die Stimme des Premierministers. Er hat sich von seinem Stuhl erhoben. "Und Schnitt", ruft Regisseurin Annette Baumeister, die auch verantwortlich für das Drehbuch ist. Sie hat bereits einige Dokumentarfilme für den NDR und das ZDF gedreht. Die Schauspielerinnen entspannen sich, lassen die hoch gezogenen Schultern fallen und schütteln die Arme aus. Esther Schweins pustet Luft durch ihre gespitzten Lippen, macht Atem- und Sprachübungen. "Herr Premierminisssster", zischt sie. "Das Wort macht mir irgendwie Probleme." Das Filmteam beginnt um die Schauspieler herum das Set umzubauen. Lichtständer und Kamera werden neu positioniert. Im Vorbeigehen richtet Esther Schweins noch schnell die Fliege des in der Tür stehenden Bediensteten. "So sitzt sie wieder gut", sagt sie und grinst den Komparsen an. Geplant ist die Fernsehpremiere des Dokumentarfilms unter dem Arbeitstitel "Sie hatten keine Wahl" auf ARD und arte für den kommenden Herbst. Foto: jh

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