1. Blick hinter die Kulissen

    Zurück in die spannende Vergangenheit des Bückeburger Schlosses

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    Der 64-jährige Kroitzsch jongliert mit Jahreszahlen, stürmt durch Epochen und beschreibt die Geschichten so lebendig, als wäre er selbst dabei gewesen. Unmöglich, nicht von ihm in den Bann des Schlosses gezogen zu werden. Das Bückeburger Schloss, das seit 700 Jahren in Privatbesitz ist, blickt auf aufregende Zeiten zurück. "Allein seine Baugeschichte könnte Bücher füllen. Von Stilelementen des Mittelalters, über die Renaissance bis hin zu Bauformen des Barock, ist hier alles zu finden", erklärt der Schlossführer. Sicheren Schrittes erklimmt er den Wendelstein, auf dem Weg in das obere Geschoss zu den Zimmern der Bediensteten des Hauses. Es geht durch lange Flure, vorbei an Ölgemälden vergangener Herrscher und deren Familienmitgliedern. Fürst Georg und Fürstin Hermine blicken von oben auf ihren Besuch herab. Es ist kalt in den Gemäuern. "Wir heizen mit Absicht nicht. Früher war es hier auch bitterkalt im Winter. Das soll so bei den Besuchern ankommen", sagt Kroitzsch und reibt sich die Hände. Er öffnet die große hölzerne Tür zum Flur der Bediensteten-Zimmer. Staub bedeckt die Dielen. Seit über 100 Jahren werden diese Räumlichkeiten nicht mehr genutzt. Von dem langen Flur gehen unzählige Zimmer ab. "Hier und auf der anderen Seite des Flügels haben früher 80 Jungen und Mädchen gewohnt. Eine Anstellung im Schloss war damals sehr begehrt." In den Zimmern stehen alte hölzerne Truhen, Sessel, Tische und Stühle. In einigen lehnen hunderte Bilder und Fotografien an der Wand. "Hier ist schon viel aussortiert worden. Insgesamt umfasst die Sammlung aber bestimmt noch 1000 Bilder. Viele Fotografien von Kaiser Wilhelm II sind auch dabei", sagt Klaus Kroitzsch. Als er den Kaiser erwähnt, kommt ihm eine andere "Blockbuster-Geschichte" des Schlosses, wie er sie nennt, in den Sinn. Es geht den engen Wendelstein wieder hinunter zurück in das Erdgeschoss. Durch die sich über 16 Räume erstreckende Gemäldegalerie bis hin zu einer unscheinbaren Holztür. Der Schlossführer baut die Spannung auf. "Im Jahr 1888 heiratete der Bruder des damaligen Fürsten, die Schwester Victoria von Kaiser Wilhelm II. Zwei Jahre später kam der Kaiser zum ersten Mal zu Besuch auf das Bückeburger Schloss. Er soll ganz und gar nicht begeistert gewesen sein." Ein möglicher Grund: Bis dato hat es auf Schloss Bückeburg so etwas, wie Badezimmer mit Wanne und Toilette nicht gegeben. Man verrichtete das Notwendige in Bettpfannen oder in andere Behälter, die dann von den Bediensteten in der Sickergrube entleert wurden. 1892 wurde schließlich, extra für den Kaiser, die erste Toilette gebaut. Kroitzsch schließt die Tür auf und gibt den Blick auf ein schlichtes Badezimmer frei. Ein kleiner Raum mit Fenster aus milchigem Glas. "Hier in der kleinen Badewanne hat der letzte deutsche Kaiser geplanscht", sagt er und grinst. Den Themensprung von "des Kaisers Klo" hin zur Turmuhr schafft Kroitzsch auf galante Art und Weise mit einem Blick auf seine Armbanduhr. "Jetzt überprüfen wir einmal, ob denn die Uhr des Fürsten auch ganz richtig tickt." Durch den im Mittelalter gebauten Turm geht es nach oben in die ehemalige Wohnung des "Türmers", heute Hausmeister genannt. Auf den gut geschnittenen, lichtdurchfluteten 150 Quadratmetern mit einem reich verzierten schmiedeeisernen Ofen ließ es sich damals sicherlich gut aushalten. Durch ein Flügelfenster zum Innenhof des Schlosses kann über den Schlosspark hinweg über die gesamte Bückeburger Innenstadt geguckt werden. Das Flügelfenster wieder zugeklappt, geht es eine schmale, steile Treppe hinauf zur Turmuhr. Düster und eiskalt ist es unter der mit Stahlträgern und Holz gestüzten Kuppel des Schlossturms. In einem großen Verschlag befindet sich das Uhrwerk der Turmuhr, mit unzähligen großen und kleinen Zahnrädern. Seit über 120 Jahren bewegt es die goldenen Zeiger auf dem Zifferblatt. In zwei Stunden hat Schlossführer Klaus Kroitzsch einen wilden Ritt quer durch die Geschichte des Bückeburger Schlosses mit seinen Grafen und Fürsten geboten. Fast wehleidig muss sich aus der Vergangenheit verabschiedet werden. Zurück in der Gegenwart und mitten im Schlosspark ist noch schemenhaft vor dem inneren Auge die Kutsche des Kaisers zu sehen, wie sie vor dem Haupteingang am Schloss-
turm hält. Foto: jh

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