1. Wenn Geschäfte ohne Sprache und nur mit Handschlag besiegelt werden

    Mitreißend: Ex-Stahlhändler Norbert Jahn gewährt Einblicke in Lebensgeschichte

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    RODENBERG (jl). Die Geschichten, die er von seinen Geschäftsreisen im Stahl- und auch Textilhandel erzählen konnte, waren so spannend, dass ihn seine Freunde ermunterten, sie zu Papier zu bringen. Gesagt, getan. Als Norbert Jahn 2015 von einer Donauflusskreuzfahrt zurückkehrte, tat er dies mit 30 geschriebenen Seiten. Aber es gab ein Problem, wie er dem "KulturDroge"-Publikum in der Deisterbuchhandlung verriet: "Die vielen Reisen und Länder brachte ich durcheinander, dass ich selbst nicht mehr wusste, wovon ich gerade spreche." Also holte er sich die Ghostwriterin Nicole Funck aus Lauenau ins Boot, und rekonstruierte anhand von Fotos, gesammelten Visa und Verträgen seine Reisen. Wo er überall schon war? Jahn drückte es so aus: "Ich habe eine Weltkarte, die ist voll mit Nadeln." Jede stehe für eine Reise. Und so entstand 2017 - pünktlich zu seinem 70. Geburtstag und zehn Jahre nach seinem Eintritt in den Ruhestand - sein biographisch geprägtes Buch "Handel hinter dem Eisernen Vorhang". Jahn augenzwinkernd: "Ich hoffe, ein lokaler Bestseller". An jenem Abend las er aber nicht nur abwechselnd mit seiner Frau Renate aus seinem Werk vor, sondern erzählte auch. Zum Beispiel wie er als Jugendlicher aus einem Gefallen heraus für einen Freund seine Renate als Brieffreundin kennen- und beim Treffen auf den ersten Blick lieben lernte. "Und diese Vertrautheit hält bis heute an." In die Deisterstadt kam er, weil ihn die hannoversche Firma Stahlflanschen als Einkaufsleiter abgeworben hatte und er, der das flache Land nicht möge, auf dem "letzten Hügel" vor der Landeshauptstadt ein Haus kaufen wollte. 1985 machte er sich als Stahlhändler selbstständig. Er bereis-te unter anderem Rumänien, Bulgarien, die Ukraine und Sowjetunion sowie viermal Nordkorea. Geschäfte wurden oft nur per Handschlag besiegelt. Sprachprobleme? "Man braucht keine Sprache", antwortete Jahn auf eine entsprechende Frage aus dem Publikum. "Wenn ich jemanden anschaue, weiß ich, ob ich mit ihm kommunizieren kann oder nicht." Auch in der Textilbranche war der Rodenberger Unternehmer kurzweilig aktiv. Er erzählte die Anekdote, dass er Ware im Wert von 20.000 Mark nach Kiew bringen sollte - per Linienbus. "Der Textilhandel mit dem Ostblock lief wirklich gut", erinnerte sich Jahn. Nach der Grenzöffnung aber verebbte das Geschäft. Mitgebracht hatte das Ehepaar auch eine hundert Jahre alte Bandura, die Jahn geschenkt bekam, nachdem er jahrelang Geschenke für Kinder nach Tschernobyl geschickt hatte. Nur leider könnten weder die beiden das Zupfinstrument spielen noch würden sie jemanden kennen, der es könnte. Foto: jl

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