1. Seit 10 Jahren Erinnerungsgottesdienste für "Sternenkinder"

    Verwaiste Eltern und Geschwister treffen sich in diesem Jahr am Freitag, 29. April, unter dem Motto "Wolken"

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    Detmold (ck). Viele Eltern, die ihr Kind durch Fehl- oder Todgeburt verlieren, trifft das vollkommen unerwartet. Doch auch Elternpaare, denen der Tod des Kindes schon im Vorfeld prognostiziert wurde, sind auf familiäre und soziale Hilfe angewiesen. Die Umwelt und auch Familienmitglieder sind oft überfordert mit der Verzweiflung, Trauer und Hoffnungslosigkeit der Betroffenen. Aber Trauer braucht Zeit, ein Gesicht und Verständnis. Das Klinikum Detmold hat hier einen Raum geschaffen, in dem diesen betroffenen Eltern die Hand gereicht, sie unterstützt und verstanden werden. Klinikpfarrerin Gerlinde Kriete-Samklu ist seit 1998 am Klinikum tätig, schon während ihrer vorherigen Arbeit in der Kirchengemeinde hat sie sich immer wieder intensiv mit dieser besonderen Thematik beschäftigt. "Im Klinikum hat man damals versucht, die Eltern gut zu begleiten, sofern das Personal und die Zeit es zuließen, aber das reichte nicht aus", erklärt sie. Mittlerweile gibt es seit 10 Jahren ein Team von Klinikmitarbeiterinnen aus unterschiedlichen Abteilungen, die gemeinsam die Trauernden unterstützen. Petra Maienberg ist Pflegegruppenleitung der Mutter-Kind-Station, Andrea Nolte ist Pflegekraft der Kinderintensiv, Dr. Natalie Hellermann ist Kinderärztin, Susann Grabsch ist leitende Hebamme, Maren Großekatthöfer ist Assistenzärztin und Gerlinde Kriete-Samklu die Klinikpfarrerin. Sie sind kompetent, klar strukturiert, empathisch und haben sich 2006 das erste Mal entschlossen, den Eltern einen Erinnerungsgottesdienst im Andachtsraum des Klinikums anzubieten. Andrea Nolte ist von Anfang an dabei, sie fasst ihre gemeinsame Arbeit folgendermaßen zusammen: "Wir sind hier eine eigene Welt, wir sind eigentlich Familie." Pfarrerin Kriete-Samklu ergänzt: "Wir bekommen während dieser Arbeit nicht selten einen tiefen Einblick in die Familien, davor haben wir großen Respekt." Sie wollen den Eltern zeigen, dass sie ihre Situation sehr ernst nehmen. Mittlerweile wird der Gottesdienst in der nahe gelegenen Mutterhauskirche von diakonis in der Sofienstraße gehalten. "Der Andachtsraum wurde mit den Jahren zu klein", erzählt die Pfarrerin. Besonders wichtig ist ihr auch zu erwähnen, dass auch manche Frauen, die in den letzten Jahrzehnten ihre Kinder verloren haben den Weg in ihren Gottesdienst finden. Jeder der Gottesdienste wurde von dem Team genauestens geplant und vorbereitet. "Uns ging es auch darum, einen gebührenden Rahmen zu bieten", erklärt Nolte. Der erste Gottesdienst stand unter dem Überbegriff "Erinnern", frei nach dem "Kleinen Prinz". Das Team versieht die Themen des Gottesdienstes immer mit einem Symbol, das klar den Verlust darstellen soll, wie Spuren im Sand, Seifenblasen, Stern, Stein, Schmetterling, Luftballon und jetzt am kommenden Freitag, 29. April sind es die Wolken. Petra Maienberg ist die Kreative des Teams, die mit ihren Ideen begeistert. Kinderärztin Dr. Hellermann liebt den Umgang mit dem Wort, sie hat schon viele thematische Geschichten verfasst, die in Rollen aufgeteilt von ihnen während des Gottesdienstes verlesen werden. Vorher bekommen die Eltern ein kleines Teelicht, das sie mit dem Namen ihres Kindes versehen. Alle diese Lichter werden auf dem Wolkensymbol platziert. Auch die Kirche ist mit diesen Symbolen dekoriert. Pfarrerin Kriete-Samklu greift die Geschichte in ihrer Kurzansprache wieder auf und stellt sie in den weiten Horizont der biblischen Botschaft, die darauf verweist, dass nichts verloren ist, sondern dass es einen Gott gibt, der sich unsere Tränen und unseren Schmerz zu eigen macht, sie nicht darin im Stich lässt und sie im gegenseitigen Trost unterstützt. Dass ihre Hilfe gut bei den Betroffenen ankommt, bestätigt nicht nur der Besuch einer Familie, die schon seit 10 Jahren keinen Gottesdienst verpasst. "Dieser Familie ist es wichtig, dass der Name ihres Kindes immer wieder verlesen wird", erzählt Kriete-Samklu. Sehr freut sich das Team über Besuche von Familien aus vergangenen Jahren, die mit ihrem Neugeborenen in den Gottesdienst kommen. "Mit dem neuen Erdenbürger kommt neue Hoffnung in die Familien", so Nolte. Nach den vielen Tränen und der traurigen Stimmung wechselt die Trauergemeinde nach dem Gottesdienst an Stehtische. Wer möchte kann sich mit anderen Betroffenen austauschen oder das Gespräch mit dem Klinikpersonal suchen, das zahlreich vertreten ist. Das Team hat immer wieder das Gefühl nach den Gottesdiensten, dass die trauernden Eltern ein wenig ihrer Traurigkeit zurücklassen. "Viele meiner Kolleginnen kommen zum Gottesdienst, auch wir müssen lernen mit dieser Trauer umzugehen", sagt die Leiterin der Hebammen, die aber begeistert erzählt, dass es private Initiativen gibt, die für die "Sternenkinder" hübsche Kleidung nähen und die Hebammen von den Kindern Fotos machen. "Für die Eltern ist das sehr wichtig und oft die einzige sichtbare Erinnerung." Wie grausam muss man sich die Situation von jungen Flüchtlingsfamilien vorstellen, die nach den unglaublichen Strapazen ihrer Flucht nun auch noch ihr Kind in der Fremde verlieren. Ihr Kind wird beerdigt und sie werden danach in eine andere Kommune oder sogar in ihre Heimat zurück geschickt, weil ihre Asylanträge abgelehnt wurden. Dieses Leid ist kaum zu beschreiben, weiß Kriete-Samklu zu berichten. Sie nimmt Kontakt zu den Aufnahmeunterkünften auf, um es den Eltern zu ermöglichen, wenigsten bei den Beisetzungen auf dem Gräberfeld auf dem Friedhof "Kupferberg" dabei sein zu können. "Das ist manchmal ein großer Organisationsaufwand, wobei die Zuständigen in den Unterkünften lobenswert kooperativ sind!", berichtet sie.

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