1. Sie klopfen, ribbeln und hoffen

    Sonderausstellung über den "Nachkriegsalltag in Stadthagen" in der Amtspforte eröffnet

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    STADTHAGEN (ih). Ein kleines Stück Blech, ein Stein und der Sand am Boden. Heinrich Tegtmeier legt das Blech auf die Bahnschienen und klopft unermüdlich darauf herum. Das Metall gibt Schlag für Schlag nach. Am Ende hält der 17-jährige Junge einen Löffel in der Hand. Ein Schatz, denn in der Gefangenschaft gibt es Suppe.

    Das ist mehr als 60 Jahre her.

    Jetzt hat Oliver Glißmann hat den Löffel wieder hervorgeholt. In der Sonderausstellung "Zeiten der Not und der Hoffnung" haben diese Gegenstände von Heinrich Tegtmeier und vielen anderen Stadthägern einen Platz gefunden. Die Amtspforte zeigt die Sonderausstellung über den Nachkriegsalltag in Stadthagen bis zum 19. April 2009.

    Das Thema interessiert. Bereits die offizielle Eröffnung am vergangenen Montag war gut besucht. Mit allen Sinnen reisten die Gäste sechs Jahrzehnte zurück. Vorbei an bunten Verordnungen trafen die Besucher in der Amtspforte auf Leiterwagen, Koffer und Fotos. Unzählige Karamellbonbons und Haferkekse standen auf den Ausstellungskästen "Wie früher, als es nichts gab." Zwei Stadthägerinnen hatten sich die Mühe nocheinmal gemacht.

    Neben Bildern und Erklärungen lohnt ein Besuch der Ausstellung allein wegen der Exponate. Denn sie alle erzählen eine persönliche Geschichte. Wie ein paar Handschuhe. Die unscheinbaren Kleidungsstücke liegen neben einem paar Socken und einer weißen Schürze mit Stickereien. Alles aus den Jahren nach dem Krieg.

    In diesem Ensemble liegt aber auch ein kaputter Damenstrumpf. Frau Mott aus Stadthagen hat nach dem Krieg aus den alten Strümpfen neue Dinge hergestellt. Dazu ribbelte sie die löchrigen Socken auf. Immer zehn Fäden legte sie zusammen. Da die Chemiefasern sich einrollten, entstand ein etwas dickerer Faden. Unzählige davon verband Frau Mott und strickte Handschuhe oder dicke Strümpfe. Lange Jahre hat sie diese selbst getragen. Oliver Glißmann hat sie in die Ausstellung eingebracht. Denn der Alltag in den Jahren nach dem Krieg sah genauso aus. Aus wenig das Beste herausholen.

    Heinrich Tegtmeier hat seinen Löffel aus der Gefangenschaft all die Jahre nicht weggeworfen. Obwohl er rostet. Bereits im Gefangenenlager in Belgien scheuerte er den Löffel jeden Tag im Sand am Boden, damit er blank blieb. Heute beruhigt der Rost auf dem Löffel den Betrachter. Foto: ih

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