1. Himmlische Grüße aus der Arktis

    Blessgans Ale mit Satellitensender macht nach 6 000 Kilometer Reise Rast am Steinhuder Meer

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    LANDKREIS. Das Steinhuder Meer ist als eines der europaweit wichtigsten Rastplätze für Wasservögel bekannt. Nun macht auch Ale Station am Steinhuder Meer. Ale ist eine Blessgans und trägt einen Satellitensender, mit dem sie im vergangenen Januar von holländischen Wissenschaftlern ausgestattet wurde. Das Ziel ist, ihren langen Zugweg zwischen den Niederlanden und der russischen Arktis zu erforschen.

    Zwischen den aktuell etwa 6 000 bis 8 000 Blessgänsen am Steinhuder Meer grast auch die Blessgans Ale. Ein schokoladenriegelgroßes Paket auf dem Rücken des etwa 2,5 Kilogramm schweren Ganters verrät, dass Ale etwas ganz Besonderes ist, zumindest für Wissenschaftler und Naturschützer. Das Paket ist nichts anderes als ein Sender, der - mit Solartechnik gespeist - Tag für Tag seinen Aufenthaltsort mit dem GPS System bestimmt und diese Daten dann über einen Satelliten an die Gänseforscher schickt.

    "Mit den Sendern wollen wir mehr über die Zugwege der Blessgänse herausfinden", so Dr. Helmut Kruckenberg, Leiter des internationalen Forschungsprojektes. Bislang hatten die Wissenschaftler nur ungefähre Vorstellungen, wo die Vögel brüten. "Die Gänse verteilen sich auf vielen tausend Quadratkilometern der sibirischen Tundra", so Kruckenberg, "doch uns interessiert, welche Vögel im Winter in welches Gebiet ziehen." Aus diesem Grund haben die Forscher mit Unterstützung des Vogelschutz-Komitee e.V. in den letzten beiden Jahren Vögel mit Hightech-Sendern ausgestattet und können so fast auf den Meter genau erfahren, wo sich die Vögel aufhalten.

    Für Thomas Brandt, wissenschaftlicher Leiter der Ökologischen Schutzstation Steinhuder Meer (ÖSSM e.V.), zeigen Ale und die anderen Blessgänse, welche große Bedeutung das verhältnismäßig kleine Steinhuder Meer für den internationalen Vogelzug hat: "In den letzten Jahren hielten sich im Winter bis zu 17 000 Blessgänse am Steinhuder Meer auf. Ale, so wissen wir nun, brütete im Sommer auf der russischen Taimyr-Halbinsel. Im August trat er die rund 6 000 Kilometer lange Reise in sein mitteleuropäisches Winterquartier an, rastete kurz an der Aller und befindet sich seit ein paar Tagen in den Meerbruchswiesen westlich des Steinhuder Meeres". "Vielleicht", so Brandt, "wird er den Winter dort verbringen wie viele seiner Artgenossen, möglicherweise aber auch noch weiter nach Westen ziehen. Ales vier "Kollegen", die ebenfalls den deutschen und niederländischen Gänseforschern detaillierte Einblicke in den Vogelzug geben, befinden sich aktuell an der Elbe oder sind bereits in den Niederlanden angekommen. "Die Forschung ist aber kein Selbstzweck. Um die Tiere effizient schützen zu können, muss man deren Zugwege und Rastplätze kennen", so der Diplombiologe Brandt.

    Kruckenberg und Brandt müssen jedoch auch immer wieder mit dem Schlimmsten rechnen: "Gut dreiviertel der 19 besenderten Blessgänse sind auf dem Zugweg von Jägern abgeschossen worden. Umso größer ist die Freude der Forscher, dass fünf Gänse noch immer unterwegs sind." Enttäuscht sind die Naturschützer und Wissenschaftler darüber, dass das Land Niedersachsen die bislang geschützten Blessgänse und auch andere Gänsearten zur Jagd freigeben will. Die beiden Biologen kennen zu Genüge, dass zahlreiche Gänse durch die Jagd zum Krüppel geschossen werden und dann jämmerlich verenden, denn Graugänse dürfen auch bislang schon bejagt werden. Die starke Beunruhigung führe auch dazu, dass die Vögel scheuer werden, schneller und öfter von Menschen gestört werden und erheblich von ihrer Fitness verlieren. "Dann wird es für die Tiere schwierig, den tausende Kilometer langen Heimzug in die Arktis zu schaffen", so Dr. Kruckenberg.

    Auch über das Internet kann der Aufenthaltsort der Blessgänse tagesaktuell verfolgt werden. Ihren Zug zwischen arktischer Tundra und den Wiesen der norddeutschen Tiefebene kann man unter www.blessgans.de verfolgen. Bis zu 2.700 Gänsefreunde aus ganz Europa beteiligen sich freiwillig an dem Forschungsprogramm und berichten ihre Beobachtungen. Erheblich mehr Menschen nehmen Anteil an dem Schicksal der besenderten Vögel. Mehr als 2 Mio. Mal wurden die Gänse 2007 im Internet besucht.

    Informationen über die Schutzgebiete am Steinhuder Meer sind unter www.oessm.org abrufbar.

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